Mit einem rhythmischen Beat und sanften Klängen wurde ich aus meinen Schlaf gerissen. Mein Wecker. Stöhnen fuhr ich herum, lies meine Hand auf den meinen Wecker sausen, welcher dadurch automatisch verstummte. Genervt drehte ich mich wieder herum. Oh nein, viel zu früh zum Aufstehen. Vorallem nach der gestrigen Nacht. Ben und ich waren noch mit Freunden durch einige Bars gezogen und es wurde wie immer recht spät. Mittlerweile fühlte ich mich auf Hawaii ganz heimisch. Das Leben war hier viel entspannter als in Deutschland. Nichts desto trotz musste ich jetzt aufstehen. Nur mit einem Top und mein knappen Höschen bekleidet stolperte ich durch meine kleine Bungalow Wohnung. Ich hielt mir den Kopf, er dröhnte höllisch. Auf der Couch im Wohnraum schlief Ben noch seelenruhig. Es stank nach Zigaretten und Alkohol in der Wohnung. Ich fühlte mich auf einmal wieder wie mit siebzehn. Ich nahm Bens Hose und schleuderte sie ihm ins Gesicht. „Zeit zum Aufstehen, Sweetie.“, säuselte ich grinsend, wohlwissend, dass es Ben genauso schlecht wie mir geht. Dieser murmelte irgendetwas genervt und zog sich die Decke über den Kopf. Ich lies ihn noch etwas liegen und machte mir erst einmal einen starken Kaffee. Während ich mir ein Müsli mit frischen Früchten machte und langsam zum Leben zurück fand, kehre auch Ben wieder aus dem Land der Träume zurück in die Realität zurück. „Verdammt, wie spät ist es geworden?“, fragte er mir rauer Stimme, als er sich auf einen der Küchenstühle sinken lies. Ich schmunzelte. „Glaube vier Uhr.“ Ben stöhnte nur auf und blickte auf die Uhr. „Dreieinhalb Stunden sind definitiv zu wenig.“, jammerte er. „Stimmt. Vorallem, wenn man einen harten Arbeitstag vor sich hat.“, grinste ich ihn an. Ben verdrehte die Augen. „Wie viele hast du heute vor dir?“, fragte ich ihn. „Weiß nicht genau, glaube ein paar von den Jungen.“, antwortete er mir und nahm einen großen Schluck aus meiner Kaffeetasse. „Hey!“, beschwerte ich mich lautstark, lies ihn aber gewähren und schenkte mir eine neue ein. Nachdem Cooper zu einen anderen Reitstall gewechselt hatte, ist Ben einer meiner besten Freunde auf Hawaii geworden. Jeanine war mit Rick und den Kindern und den Turnieren total beschäftigt, Breanna und Logan widmeten sich gerade selbst der Kinderplanung und von den restlichen Einstellern hatte jeder sein eingenes Leben mit seinen ganz privaten kleinen Freuden und Problemen. Zu meiner großen Überraschung war Vicki nun auch auf Hawaii und sie hatte Miracle dabei – das kleine Stütchen, dass ich einst aus meinen Turnierpferd Liberty Life und meiner Stute Miss Undercover gezogen hatte. Das Schimmelchen hatte sich wirklich gut entwickelt, es freute mich zu sehen, dass es allen gut ging. Sporthorses James entwickelte sich nach und nach zu meinen persönlichen kleinen Zuhause. „Könntest du mir später mit Arreola helfen?“, fragte ich Ben, nachdem ich aufgegessen hatte und anfing das Geschirr aufzuräumen. Ich sah seinen skeptischen und misstrauischen Blick. „Satan kannst du nicht mehr helfen. Bring sie endlich zum Abdecker.“, erwiderte er nur darauf und leerte die Kaffeetasse in einen Zug. Wütend krachte ich mit dem Geschirr. „Niemals! Du weißt ganz genau, was ich davon halte!“, wütend trafen sich unsere Blicke.
Arreola – die Stute, die ich vor ein paar Monaten zusammen mit Jeanine aus Deutschland mitbrachte, war unser ständiges Streitgespräch. Eigentlich waren Jeanine, Rick und ich in Deutschland um unsere Familien zu besuchen und nach einen geeigneten Nachwuchspferd für Jeanine Ausschau zu halten. Natürlich fanden die beiden kein passendes Pferd, ich dagegen gleich 2! Arreola und Dauphin. Zwei Pferde, die ich mehr geschenkt bekommen, als gekauft habe. Als Jeanine und Rick nach über einer Woche immer noch nicht fündig geworden sind, habe ich meine Beziehungen spielen lassen und wir sind zu ein paar alten Freunden von mir und meinen verstorbenen Vater gefahren, die eigentlich immer ein paar tolle Pferde zum Verkauf haben. An einen dieser Ställe habe ich meine ehemalige Springstute Allegra verkauft. Bevor mein Vater starb, wollte ich sie eigentlich decken lassen und hatte bereits für ihre nächste Rosse alle Engagements getroffen, mögliche Namen aufgeschrieben. Anscheinend hatte ich meine Aufzeichnungen in ihrem Pferdepass liegen lassen und als ich Allegra an ihre neuen Besitzer übergab, fanden die mein Vorhaben so gut, dass sie die Stute tatsächlich bei der nächsten Rosse decken liesen und siehe da – es wurde ein Stütchen! Und sie gaben ihr sogar den Namen, den ich mir für eine Stute gewunschen hatte: Arreola Q. Das Q steht für ihren Vater Quidams Rubin, mein Lieblingshengst. Ich war so verblüfft und fasziniert von der Jungstute, dass ich mich gar nicht mehr von ihr loseisen konnte. Sie war in jeder Hinsicht so wunderschön und genetisch nahezu perfekt. Nur leider schien sie charakterlich einige Probleme zu haben. Ihre neuen Besitzer erzählten mir, dass sie manchmal sehr anstrengend und gefährlich sein konnte. Sie bockte regelmäßig alle Bereiter ab, hatte absolute Probleme mit der Rittigkeit und im Umgang war sie manchmal so hypersensibel und dann wiederum so trampelhaft. Und niemand konnte sich erklären, wieso sie so war. Man hatte schon viele Tests bei ihr gemacht, aber nichts führte zu einer Erkenntnis. So schob man es einfach auf ihr Wesen und sie wurde als „unreitbar und gefährlich“ eingestuft. Da auch ihre Mutter Allegra zu Beginn ihrer Sportpferdekarriere alles andere als einfach war, hatte es mir ihre Tochter sofort angetan und ich war ihr hoffnungslos verfallen. Des weiteren fand ich Gefallen an einen kleinen Wallach namens Dauphin, der nicht mal 1.60m maß, jedoch springen konnte wie ein Grashüpfer. Im Stall wurde er liebevoll „Flummie“ genannt. Er sollte eigentlich das Umsteigerpferd für die Töchter des Inhabers werden, doch diese schienen in der Pubertät mehr Interesse am anderen Geschlecht zu entwickeln, als für die Pferde. So wollte der Besitzer in schnellstmöglich loswerden, denn „einen mühsigen Fresser könne er sich nicht erlauben“. Für Jeanine und Rick war er viel zu klein, für mich jedoch wie geschaffen. Zuerst wollte ich keinen der beiden wirklich mit nach Hawaii nehmen, schließlich hatte ich mit meinen bisherigen drei Pferden auf der Insel wirklich selber genug zu tun. Außerdem lief es turniermäßig zur Zeit gar nicht wie geplant. Doch Jeanine handelte so lange mit den Besitzer, dass er mir quasi 2 zum Preis für einen überließ. Für Jeanine war dies nur logisch, er könnte für ein übergroßes Pony und ein kaputtes Pferd auch nicht mehr verlangen…und so kam es dazu, dass Jeanine und Rick mit Null und ich mit plus zwei Pferden nach Hause flogen. Seitdem stellten die beiden mein verkorkstes Leben nochmals auf den Kopf. Dauphin entwickelte sich zum reinsten Überflieger und Arreola als kleines Ungeheuer, weswegen sie von den meisten auf Sporthorses James nur noch „Satan“ gerufen wird. Zuletzt brach sie mir mein Handgelenk, das ich bis jetzt noch in einer Schiene eingegipst tragen muss, bis es wieder vollständig geheilt ist. Und dies ist auch der Grund, wieso ich auf Bens Hilfe angewiesen bin.
„Ben, bitte! Du weißt, dass ich dich brauche.“, nörgelte ich und deutete auf mein eingegipstes Handgelenk. Er seufzte. Ich glaube, er hasst Arreola wirklich. Zwar sprach alles gegen die Stute, doch irgendetwas sagte mir, dass die Stute nicht anders konnte. Fast täglich philosophieren Dr.Louis Sanchez über die Stute. Auch er schien die Stute zu mögen und versuchte ihrem Verhalten stets eine logische Erklärung abzugewinnen. An dem Tag, an dem sie mir mein Handgelenk brach, hätte sie auch fast meiner Tochter Sophie etwas angetan. Ich putze sie gerade in der Stallgasse, als sie wegen einen unerklärlichen Grund plötzlich vor mir zurück scheute und sich mir aller Kraft gegen den Strick warf und sich losreisen wollte. Ich war nicht schnell und so polterte sie mir vollen Gewicht gegen mich und brachte mich zu Fall, als ich mich am Boden abstütze brach ich mir mein Handgelenk. Arreola galoppierte lautstark aus der Stallgasse in Richtung Koppeln. Plötzlich tauchte Sophie mit Gismo an der Leine am Eingang der Gasse auf und blieb schockiert wie angewurzelt stehen, während 500 Kilo Pferd auf sie zugestürmt kamen. Zuerst dachte ich Arreola würde nicht stoppen und ich würde Zeuge werden, wie sie meine kleine Tochter tot trampeln würde. Doch dann warf sie plötzlich ihren Kopf in den Nacken und bremste mit aller Gewalt auf den Betonboden. Doch ihre Eisen rutschten und ihr massiger Körper raste weiterhin auf Sophie zu. Fast schon konnte ich Funken auf den Boden sprühen sehen, dann hob sie plötzlich ab. Bevor Arreola Sophie mit sich reißen konnte sprang sie einfach über sie drüber und lies meine weinende Tochter unversehrt in der Stallgasse stehen. Ich weiß nicht, wieso ich glaube, dass Arreola Sophie auf keinen Fall weh tun wollte, schließlich konnte sie auch genauso gut aus Reflex gehandelt haben, und mich hatte sie schließlich überrannt, doch ich war mir fast zu 100% sicher, dass sie das nicht als Absicht tat. „Na gut. Aber nur, weil du ein Invalide bist!“, scherze Ben und boxte mich gegen die Schulter. „Danke.“, erwiderte ich dankbar und warf ihn einen vielsagenden Blick zu. Ben nickte wissend. „Dann holen wir jetzt Sophie?“, fragte er und lenkte vom Thema ab. „Jepp.“ Wir zogen noch unsere Reitsachen an, dann machten wir uns in Bens Auto auf den Weg zu Ricks und Jeanines Wohnung, wo heute Nacht Sophie übernachtet hatte. Jeanine hatte angeboten, die Kleine zu nehmen, sodass ich in Ruhe mit Ben durch die Bars ziehen konnte. Außerdem war Tom seit gestern auf Hawaii und Sophie war nicht mehr von seiner Seite zu bekommen. Tom. Bei dem Gedanken zog sich kurzzeitig mein Magen zusammen und mein Frühstück drohte wieder herauf zu kommen. Ja, Tom und seine neue Freundin. Dies war gestern auch der Grund, wieso Ben und ich spontan beschlossen hatten und zu betrinken. Jeanine hatte seine Nachricht seiner Ankunft natürlich bis zur letzten Sekunde geheim gehalten. Und erst als ich sah, dass Tom Hand in Hand mit einer Blondine über den Hof schlenderte sagte sie mir, dass er seit 3 Monaten wieder eine feste Freundin hatte. Diese Nachricht weckte in mir das Bedürfnis nach Alkohol. Nach sehr viel Alkohol. So fuhr ich nun mit gemischten Gefühlen zu Jeanines kleinem Haus. Dieses Mal stieg ich nicht aus, wie sonst, sonder hupte nur lauthals. Ich sah, wie der Vorhang beiseite geschoben wurde, danach die Türe auf ging und die Kinder lachend raus gerannt kamen. Schnell sprangen Jessica, Jerome und Sophie ein. Es war ein wildes durcheinander in Bens Auto, viel Gedränge und Geschupse und empörte Rufe von Jessica, weil Jerome sie mal wieder ärgerte. Gerade als wir losfahren wollten tauchte Jeanine in der Türe auf, ich sah ihre tadelnden Blicke, als sie Ben bei mir sah. Sie bedeutete mir kurz hinein zu kommen, doch ich tat so, als ob ich es nicht verstehen konnte, was sie von mir wollte. „Ben, fahr zu.“, sagte ich drängend zu ihm und blickte Jeanine unschuldig an, als sich der Wagen von ihrem Haus entfernte. Wir lieferten die Kinder in der Schule bzw. Kindergarten ab und fuhren danach zum Hof. Ich war froh ein klärendes Gespräch mit Jeanine noch weiter hinausgezögert zu haben, obwohl ich wusste, dass es sich nicht ewig hinaus zögern lässt. Doch für den Moment war ich gerettet. Auf SJ angekommen machte ich mich als erstes wie immer auf den Weg zu meinen Pferde. Gefüttert wurden sie bereits, ich musste sie nur noch misten. Mir 1 ½ Händen war das zwar anstrengend und brauchte eine kleine Weile, aber ich kam inzwischen schon ganz gut damit zurecht. Eigentlich stellte ich die ersten danach immer ein bisschen in die Führanlage, doch da ich dort bestimmt Jeanine treffen würde entschied ich mich dagegen und longierte Rubin lieber. Während ich ihn fertig machte traf ich Breanna und unterhielt mich etwas mit ihr. Sie schien etwas heraushören zu wollen, ob denn nun etwas zwischen mir und Ben lief, doch ich ignorierte geübte ihre Anspielungen. Es gehörte wohl schon zu einem Art Hobbie von Jeanine und Breanna sich über mein Liebesleben zu informieren. Nachdem Cooper den Hof verlassen hatte, dachten alle ich würde Liebeskummer erleiden, doch ich trauerte nur einem guten Freund hinterher. Außerdem kam für Cooper Ben und nahm sowohl seinen Postern auf den Hof, als auch Coopers Platz an meiner Seite ein. Nur dass es mit Ben etwas anders war als mit Cooper. Bei Cooper war ich mir immer absolut sicher, dass alles zwischen uns auf freundschaftlicher Basis war, bei Ben war ich mir da manchmal nicht so sicher. Manchmal, wenn wir alleine waren und sich unsere Blicke trafen, hatte ich das komische Gefühl etwas falsches zu tun. Es war verboten. Doch wieso? Ich war Single. Ich und Tom waren schon seit Jahren nicht mehr zusammen. Doch wieso fühlte es sich dann dennoch so falsch an? Schnell verdrängte ich meine Gedanken und widmete mich dem einzigen, was ich wirklich beherrschte: der Reiterei! Nachdem ich Rubin bewegt hatte, stellte ich ihn auf die Koppel. Als nächstes entschied ich mich dafür Ginnie zu bewegen. Sie konnte ich trotz meiner kaputten linken Hand ganz gut Reiten. Wir waren inzwischen so aneinander gewöhnt und sie war so toll und fein zu reiten, dass es reichte, wenn ich mir den Zügel mir einen Band ums linke Handgelenk band. Ich brauchte dann zwar immer jemanden, der mir nach der Aufwärmphase, den Zügel etwas kürzer band, aber danach kam ich ganz gut alleine zurecht. Nachdem ich Ginnie also geputzt und gesattelt hatte, machte ich mich auf zum Dressurplatz. Er war so schön abgelegen, dass ich mir fast sicher sein konnte, dass ich dort ungestört trainieren konnte. Falsch gedacht. Gerade als ich Ginnie abgetrabt bin hörte ich laute Schritte, viel Gelächter und angeregte Unterhaltungen. Und schon kamen sie alle um die Ecke: Jeanine, Rick, Tom und sein Blondie. Sofort parierte ich durch. Ich sah Jeanines erstaunten Blick, auch sie schien nicht damit gerechnet zu haben, mich hier auf dem Dressurviereck zu finden. Doch nun schien es kein zurück mehr zu geben. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und lenkte Ginnie an die Bande, um die vier zu begrüßen. „Hey Leute!“, rief ich laut genug, damit die vier verstummten und mich begutachteten, wie ich auf meiner dunkelbraunen Stute saß. „Hey!“, erwiderte Jeanine als erstes und kam zielstrebig auf mich zu. „Wie geht’s dir?“, fragte sie. Mir war klar, dass die Frage auf die gestrige Nacht und Toms Ankunft anspielte, doch sie blickte fragend auf mein Handgelenk und sah mich durchdringend an. „Ganz gut. Ich erhole mich.“, gab ich ihr die zweideutige Antwort. „Gut.“, hörte ich Jeanine leise sagen. Dann trat Tom an mich heran. Sein Gesicht war faltendurchzogener als vor gut einem Jahr, als wir uns das letze Mal gesehen haben und seine Haare waren etwas länger wie sonst. Er schien nervös zu sein, ebenso wie ich. „Hey Steffi! Schön dich endlich zu sehen! Danke, dass Sophie gestern bei Jeanine mit übernachten durfte.“, er lächelte, doch irgendwie erreichte sein Strahlen seine blauen Augen nicht. Es tat mir fast etwas im Herzen weh, ihn so zu sehen. Ich dachte eigentlich, einen überglücklichen Tom zu sehen. „Du weißt doch, dass du Sophie immer sehen kannst.“, erwiderte ich etwas angespannt. Es passte mir nicht ganz, dass in seinen Worten eine leichte Anklage mit schwang. „Naja, so einfach ist das ja nun nicht mehr.“, stellte er trocken fest, sein Lächeln war versiegt und seine Augen bohren sich in meine. Sofort musste ich hart schlucken. Ja, er hatte Recht. Hawaii ist ja nicht gerade die nächste Ecke. Ich konnte nichts mehr darauf erwidern und blickte ihn nur unsicher an. Bevor die Stille unerträglich wurde, räusperte sich die Blondine hinter Tom fast unmerklich. „Achja, das hier ist Rebecca, meine Freundin.“, es kostete ihn viel Überwindung diese Worte zu sagen, das konnte ich ihn ansehen, doch irgendwann musste er sie mir ja vorstellen. Und ja, es fiel mir unglaublich schwer diese Frau anzulächeln und ein „Schön sie kennen zu lernen“ zu heucheln. Ich hielt es für überflüssig auch meinen Namen zu nennen. Ich war mir sicher, dass sie ihn sowieso kannte. Ja, da standen wir fünf nun und keiner wusste, was er als nächstes sagen sollte. Gott sei Dank wurde Ginnie etwas unruhig und konnte meinen Blick von Tom und seiner Freundin abwenden. „Jeanine, könntest du mir den Zügel kürzer binden?“, fragte ich sie. Sie wusste sofort, was ich damit meinte und stieg über die nicht mal kniehohe Abgrenzung in das Viereck. Tom und seine Freundin starrten verwirrt auf meine linke Hand. Ich versuchte sie nicht zu beachten. „So können Sie reiten?“, hörte ich Blondies Stimme. Oh, aha. Wir waren also per „Sie“. Sie klang höflich und bemüht, einen erwachsenen und ungezwungenen Ton zu wahren. Ich nickte kaum merklich. „Ja, was anderes bleibt mir nicht übrig.“, ich zuckte mit den Schultern und versuchte es als Kleinigkeit abzutun. Sofort fragte ich mich, ob sie wohl selber Reiterin war. Sie war schlank und groß, größer als ich – naja, das war aber auch nicht sonderlich schwer. Darüber hinaus schien sie sportlich zu sein, hatte schöne lange blonde Haare, die sie adrett zu einen langen Pferdeschwanz zusammen gebunden hatte, schöne manikürte Fingernägel und ein nahezu perfektes Make-up. „Wow, bewundernswert. Ist es beim Reiten passiert?“, fragte sie weiter höflich nach. Irritiert schaute ich zwischen ihr und den anderen dreien umher. Sie versuchte sich wirklich gut mit mir zu stellen. Kein Gezicke, kein unterschwelliger Hass und sonstige Eifersuchtsszenen. Es klang aufrichtig interessiert. Ich wollte nicht ins Detail gehen, deswegen sagte ich einfach nur: „Nein.“ Ich wusste nicht, wie ich mit dieser Frau eine Unterhaltung führen sollte, wo doch Jeanine, Rick und Tom gespannt daneben standen und jedes unserer Worte analysierten. Ginnie trat nun immer unruhiger hin und her. Es dauerte ihr zu lange und sie schien zu spüren, dass ich mich nicht wohl fühlte, was ihre Unruhe nur versträrkte. „Okay, ich muss jetzt weiter machen.“, sagte ich quasi entschuldigend und gab Ginnie die Erlaubnis sich endlich hier fort zu bewegen. Ich atmete erleichtert aus. Geschafft. So schwer war es eigentlich gar nicht gewesen. Erleichert, es endlich hinter mich gebracht zu haben, trabte ich in der nächsten Ecke an und fing an mit Ginnie etwas engere Wendungen zu gehen. Ich sah, dass die vier noch immer am selben Fleck standen und leise miteinander redeten. Abwechselnd blickten Tom und Rebecca zu mir herüber. Rebecca schien jede meiner Bewegungen genaust zu studieren und da wusste ich es: Ja, sie war auch Reiterin. Ich konnte es an der Art und Weise erkennen, wie sich mich beobachtete und mich selbst dann nicht aus den Augen lies, als Tom mit ihr redete. Und so zog ich meine Bahnen durch das Viereck, dankbar dafür, dass Ginnie so ein tolles Pferd ist und mich auf ihr besonders glänzen lässt. Bei ihren geschmeidigen Bewegungen brauche ich einfach nur korrekt oben sitzen und ihr meine nächsten Anweisungen geben. Es dauerte bestimmt noch gute fünf Minuten, ehe die vier weiterzogen. Als sie außer Sichtweite waren parierte ich durch und musste erst einmal durch schnaufen. Mir war gar nicht bewusst gewesen, wie angespannt ich gewesen war. Ich nahm mir vor heute nicht mehr auf den Platz zu reiten, das Risiko nochmals so beobachtet zu werden, wollte ich nicht mehr eingehen. Als ich mit Ginnie fertig war, sah ich, dass Ben auch gerade am langen Zügel von der anderen Seite der Anlage zu den Stallungen ritt. Ich winkte ihn zu und deutete auf meine linke Hand. Er lächelte. Er wusste, dass er mich befreien musste. Er stieg ab, schlenderte lässig zu mir herüber und zog sein Berittpferd hinter sich her. „Na, was gibt’s?“, fragte er neckisch. „Ich glaube ich brauchte deine Hilfe.“, säuselte ich gespielt. „Achja? Ich wüsste nicht bei was, außer vielleicht beim üblichen: deiner Dressurreiterei.“, konterte er kokett. „Tz!“, entwich es mir. „Du hast doch nen Vogel! Ich reite sehr gut Dressur!“ – „Naja, vielleicht ganz okay für nen Springreiter.“, er lachte laut los und band meinen Zügel von meiner Hand los. Dann streckte er mir die Hände entgegen, um mir vom Pferd zu helfen. Ich hiefte mein rechts Bein über Ginnies Hals und saß dann im Damensitz auf dem Pferd, lies mich von Ben festhalten und glitt aus den Sattel. Während Ben irgendetwas von Arreola sagte, registrierte ich am Rande, dass wir beobachtet wurden. Ich konnte Jeanine, Rick, Tom und Rebecca sehen, wie sie gerade in Breannas Büro verschwunden, doch einer blieb in der Türe stehen. Tom. Ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen, doch als er bemerkte, dass ich ihn erblickt hatte bewegte auch er sich in Breannas Büro. „Steffi?“, frage Ben. „Was? Ja klar.“, antwortete ich einfach, ohne überhaupt zu wissen, was er wollte. „Gut, dann in einer halben Stunde am Dressurviereck.“ Dann trennten sich unsere Wege.
3. Platz - #1 TN Youngster Tour Springen M - Ganz Normal Mf - Sporthorses James - Steffi - auf Spingpferde Doyle 6. Platz - #1 Youngster Tour Springen M - Ganz Normal Mf - Sporthorses James - Steffi - auf Sporthorses James 6. Platz - #1 Youngster Tour Springen M - Ganz Normal Mf - Sporthorses James - Steffi - auf Gestüt Nereus
3. Platz #1 Riders Tour Springen S - Ibiza - Sporthorses James - Steffi - auf Springpferde Doyle 7. Platz #1 Riders Tour Springen S - Ibiza - Sporthorses James - Steffi - auf Sporthorses James 12. Platz #1 Riders Tour Springen S - Ibiza - Sporthorses James - Steffi - auf Gestüt Nereus
Die ersten Sonnenstrahlen fielen sachte durch mein Fenster. Müde streckte ich mich ihnen entgegen. Ich musste seufzen, gleich würde mein Wecker klingeln und mich aus meinem kuscheligen Bett reißen. Bevor dieser ansetzen konnte, schaltete ich ihn aus. Danach stand ich langsam auf und machte mich auf den Weg zu Sophie. Ich weckte sie sachte, zog sie um und bereitete ihr ein Frühstück zu. Die Stille, während wir beide aßen bedrückte mich ein wenig. Seit Ostern wohnte ich nun alleine in einem kleinen Bungalow ganz in der Nähe von Sportpferde James. Ich vermisste Jeanine, Rick und die Kinder ein wenig. Fast 5 Monate hatte ich nun mit ihnen zusammen gewohnt, es war seltsam wieder mit Sophie alleine zu sein. In letzter Zeit ertappte ich mich immer wieder bei den Gedanken, dass mir ein Partner wohl ganz gut tun würde. Jemanden, der sich mit mir um Sophie und vielleicht sogar um die Pferde kümmern würde. Ich musste seufzen. Doch wer? Ein leichtes Stechen machte sich in meiner Brust breit. Ich vermisste Tom. Dann klingelte es und Sophie quiekte vergnügt los. Es war wohl Rick, der die Kinder immer zur Schule bzw. zum Kindergarten brachte. Er holte Sophie nach wie vor ab, um sie zum Kindergarten zu bringen. Schnell zog ich ihr Schuhe an und ging mit ihr nach draußen. Jerome, Jessica und Rick lächelten mich an. „Morgen ihr drei!“, rief ich ihnen entgegen. „Guten Morgen!“, kam es von den Dreien grinsend zurück. Rick schalzte tadelnd mit der Zunge. „Jeanine wird auch gleich da sein, um dich abzuholen.“ – „Bin in 5 Minuten fertig!“, entgegnete ich ihn mit einem Augenzwinkern, während ich meine kurzen Schlafshorts mit den großen Blumen darauf anschaute. Während also Rick die Kinder in den Nachbarort brachte, zog ich mich schnell um. Sophie hatte sich auf Hawaii ganz gut eingelebt. Sie wuchs nun mehr oder weniger zweisprachig auf, da man auf Hawaii Englisch spricht. Anfangs habe ich mir deswegen große Sorgen gemacht, aber die Leute dort sind wirklich sehr „Ausländerfreundlich“ und haben Sophie sofort warmherzig aufgenommen. Tatsächlich hupte nach keinen 5 Minuten ein Auto. Das war Jeanine. Schnell noch schnappte ich mir was zu trinken, dann konnte es auch schon los gehen. Wir fuhren mit Jeanines großen Range Rover (ja, wir haben uns schon ganz gut amerikanisch eingelebt ;)) zum Hof. Nach kurzem Smalltalk und Besprechung der heutigen Aufgaben, trennten sich kurzzeitig unsere Wege. Wir hatten hier nicht den Luxus wie in Deutschland, dass die Pferde gemistet und versorgt wurden, hier tätigten wir fast alles selber. Breanna und Logan waren so nett und fütterten unsere Pferde in der Früh stets mit. Danach mussten wir aber selber ran. Ich brachte Rubin und Ibiza auf die Koppeln. Auch Ginny – mein neues Stütchen – durfte mit hinaus. Ich war heilfroh zu sehen, dass es Ibiza und Rubin hier sehr gut ging. Die ersten 2 Wochen verliefen ja leider nicht besonders gut. Als ich vor Ibizas großer Box stand und auf den mit Sagespähne bedeckten Boden blickte, überkamen mich die Erinnerungen..
…und ich sah Ibiza vor mir auf dem Boden liegen. Seit fast 6 Monaten lebe ich nun auf Hawaii und langsam kann ich auch behaupten, dass ich und meine Pferde dort auch „angekommen“ sind. Der Wetterumschwung vom kalten und tristen Deutschland mit gerade mal 5 Grad hin zum immer sonnigen und sehr warmen Hawaii, bei um die mindestens 20 Grad (meist 25 Grad), war zu Beginn einfach zu viel für die empfindlichen Pferde gewesen. Die ersten 3 Nächte hatte ich fast nicht geschlafen, da ich immer wieder zu meinen beiden Pferden fahren musste und nach ihnen gesehen habe. Beide hatten schwere Koliken und wurden vom Hofeigenen Tierarzt Dr. Louis Sanchez mehrfach gespritzte. Ibiza ging es sogar so schlecht, dass wir ihr Infusionen gegeben haben und wirklich kurz davor gewesen sind, sie in eine Klinik zu fahren. Wir befürchteten aber, dass ein weiterer Transport nach dem Flug sie noch zu sehr belasten würde und ihr Kreislaufsystem dann komplett versagen würde. Nach dem dritten Tag jedoch zeigte sich deutliche Besserung und wir konnten alle aufatmen. Allerdings waren beide fast nicht belastbar. Am liebsten standen sie in den großen, kühlen Boxen im Stall. Nur gegen Abend konnte ich sie für ein paar Minuten spazieren führen. Das zog sich fast einen ganzen Monat lang so, bis ich sie endlich auf die Koppeln bringen konnte – und das auch nur eingepackt in Fliegendecken, da ich sie in Deutschland komplett geschoren hatte. Heute konnte ich sie endlich ohne zu überlegen und ohne Fliegendecken auf die Koppeln tun. Das Wetter machte ihnen nun nichts mehr aus und nach fast 6 Monaten war das Fell wieder gut nachgewachsen. In der Zeit, in der ich die beiden nicht Arbeiten konnte wurde auch mir schnell langweilig und neben der ganzen Stallarbeit hatte mir Breanna ein Hofpferd zum Reiten zugeteilt. Es war ein Sportpferd aus der Schweiz mit dem Namen „Ganz Normal Mf“. Wie das aber immer mit so ausgefallenen Namen ist, hat man sehr bald einen eigenen Namen für das Tier gefunden und so riefen sie bald alle nur noch „Ginny“. Sie ist ein eher rundliches, tollpatschiges Pferdchen, das noch viel Schliff braucht. Die ersten paar Male dachte ich, ich würde mit der Stute gar nicht klar kommen. Sie war eher ungeschickt am Sprung, versemmelte den richtigen Absprungpunkt immer perfekt, war stets zu schnell oder zu langsam und konnte ihre Sprunggewalt gar nicht einschätzen. Sie sprang immer viel zu früh oder viel zu spät ab. Komischerweise war es aber egal wie weit weg oder wie eng sie kam, sie überwand das Hindernis, ohne es auch nur zu berühren. Breanna und Logan waren der Meinung, dass es das perfekte Vielseitigkeitspferd werden würde und da ich irgendwie immer wieder in ihren Sattel landete, wenn sie mich bei einen ihrer Riesensätze mal wieder regelrecht aus dem Sattel raus katapultiert hatte, wurde mir Ginny recht bald als Ziehkind zugeordnet. Des Weitern wurde ich als neuer „Ponyreiter“ einberufen, da ich aufgrund meiner Größe (obwohl ich jetzt 164 cm gar nicht soooo klein finde) und meinen relativ geringen Gewichts perfekt auf die kleinen Ponys passte. Außerdem half ich täglich im großen Stallbetrieb mit, was das ausmisten der Boxen, abäpfeln der Koppeln oder das Versorgen der Pferde betraf, vor allem wenn Breanna und Logan mit oder ohne Jeanine und Rick im „Ausland“ auf Turnieren unterwegs waren. So musste ich mich recht schnell an die Abläufe auf dem Gestüt gewöhnen und selbstständig alle anfallenden Arbeiten erledigen. Es schien eine Erleichterung für Breanna und Logan zu sein, noch jemand Deutschen auf den Hof zu haben, obwohl hier sowieso überwiegend Deutsche arbeiten ;) So verging die Zeit wirklich wie im Fluge und irgendwann wurde mir „Ginny“ dadurch quasi „überlassen“.
Ich machte mich also daran die Boxen meiner drei Pferde auszumisten und frisch einzustreuen, danach fegte ich die Gasse und schaute noch nach, was zu erledigen war. Eigentlich hatte ich kurz daran gedacht, Rubin und Ginny in die Führanlage zu stellen, doch schnell wurde mir klar, dass Jeanine diese sowieso belegt hatte. Leider hatte ich auch vergessen, mich in einen Trainingsplan für die Halle oder das Dressurviereck einzutragen. Ich würde wohl versuchen müssen, mich einfach so in die Halle zu schmuggeln ;) Am Hof war es zur Zeit sehr laut und es herrschte großer Betrieb, da die Bauarbeiter für die neue Halle immer eine menge Lärm verursachten. So war es ganz normal, dass große LKWs über den Hof fuhren oder es laut polterte. Ich freute mich jetzt schon auf die neue Halle, allerdings wäre mir ein großer Springplatz lieber. Jeanine nörgelte schon seit Wochen, dass wir nun endlich da ich da wäre, einen Springplatz bräuchten. Die Springreiter waren nun eindeutig in der Mehrzahl. Jeder wusste allerdingst, dass das nur eine faule Ausrede war, da die Madame es nur leid war die Ständer und Stangen immer wieder beim Auf- und Abbauen hin und her zu schleppen. ;) Außerdem trainierte ich hauptsächlich sowieso nur auf dem Dressurviereck oder ritt ins Gelände. Ich führe meine Pferde wieder langsam heran, da sie in Deutschland auch nicht wirklich viel gesprungen sind. Eher selten besuche ich deshalb die Geländestrecke oder den großen Parcours, ab und zu gymnastiziere ich sie mit Reihen und einzelnen Kreuzen bzw. kleinen Sprüngen. Die Turniersaison hat für mich noch nicht begonnen, Jeanine und Breanna drängen mich jedoch endlich mit auf Turniere zu fahren. Momentan lebe ich eher von Luft und Pferden, denn mit der Liebe sieht es auch eher mau aus ;) In 2 Wochen werde ich auf Hawaii meine ersten kleineren Turniere mit Rubin und Ginny gehen. Jeanine konnte mich sogar dazu überreden mit Ibiza eine drei Sterne Prüfung zu nennen. Nur alleine von den Gedanken wurde mir übel… Bevor ich mich nun komplett um meine Pferde kümmerte, schaute ich noch schnell zu Jeanine und half ihr etwas bei ihren Pferden, da sie schließlich doppelt so viele zu versorgen hatte wie ich. Gemeinsam streuten wir noch schnell die Boxen ein und setzten uns dann auf ein kurzes Getränk auf den Koppelzaun und beobachteten die Pferde. Dabei erzählte mir Jeanine von ihren neusten Nennungen und den nahen Turnierstarts. Es lief sehr gut bei ihr, vor allem mit ihrer Stute Broadway Lights, sie schien ein kleines Goldpferdchen zu sein. Des weiteren erzählte mir Jeanine, dass sie sich ein Pferd in Deutschland anschauen möchte, ich sollte sie begleiten. Ein wenig unwohl war mir dabei schon. Ich war bisher nicht wieder in Deutschland gewesen. Es wurde langsam Zeit… Kurz noch erwähnte sie Tom, doch ich winkte sofort ab. Alles was mit ihm zu tun hatte wollte ich lieber nicht wissen. Ich war schon immer gut im verdrängen gewesen.
Also machte ich mich nun an die richtige Arbeit. Nachdem in 2 Wochen meine ersten Turniere waren, war es allerhöchste Eisenbahn endlich wieder mehr zu springen. Und das wollte ich heute mit allen dreien tun. Zu meinem Glück lief mir Rick über den Weg, ich fing ihn sofort ab und klinkte mich in Breannas und Jeanines Trainingsplan mit ein. Ein Reiter mehr oder weniger fiel doch schließlich nicht auf ;) Während ich mit Ginny anfing sie zu putzen, lief mir Cooper über den Weg. Er lehnte sich lässig neben mir an die Wand und fragte mich, ob ich nicht Lust hätte mit ihm auszureiten. Leider musste ich es dieses Mal ausschlagen, zu gerne hätte ich Ja gesagt. Der Gedanke an einen Ausritt mit Cooper war viel schöner, als der an einen brüllenden Rick. „Dann eben ein anderes Mal.“, Cooper zwinkerte mir noch zu, dann verschwand er auch schon wieder. Ich war mir nicht sicher wer, aber irgendjemand hier am Hof hatte behauptet, dass Cooper und ich was am Laufen hätten. Meine Vermutung lag auf Breanna, sie wollte es aber nicht zugeben ;) Zwar ritten Cooper und ich schon öfters zusammen aus, das war aber auch schon alles. Ich musste allerdings zugeben, dass ich mich selbst schon bei dem Gedanken dabei erwischt hatte, wie es mit Cooper wohl so wäre. Er sah wirklich gut aus mit diesen braunen, verwuschelten Haaren und diesen braunen Augen und man hey, konnte der Reiten!! Doch 7 Jahre Altersunterschied (man bedenke: ich bin 7 Jahre älter!!) waren mir doch einfach zu krass. Außerdem wusste ich gar nicht, ob er sich nicht vielleicht doch für jemand anderen interessierte? Aber daran schienen die anderen alle nicht zu denken, sie schürten die Gerüchteküche immer weiter und mittlerweile ließ ich alle nur noch reden. Ginny war nun fertig und ich machte mich mit ihr auf zum Außenplatz, auf dem Rick gerade noch die letzten Ständer etwas verrückte. Jeanine ritt Noemi, ihre Schimmelstute. Wir wollten heute einen Parcours bis ca. 1.35 m springen. Nach einigen Runden am langen Zügel, nahm ich Ginny auf und übte ein wenig Schulterherin und Schenkelweichen im Schritt mit ihr. Danach trabte ich sie an. Zu Beginn ließ ich sie gerne immer etwas flotter vorwärts-abwärts treten, stets darauf bedacht die Stute nicht zu sehr auf der Vorhand laufen zu lassen. Nach einigen großen Runden und groß angelegten Zirkeln nahm ich die Zügel immer mehr auf, bis ich sie schließlich nach und nach mehr auf die Hinterhand setzte. Kurz darauf kam auch gleich der Galopp hinzu. Den ersten Galopp ritt ich stets gerne etwas frischer hinaus, ließ sie auch mal an der langen Seite im leichten Sitz zulegen. Danach kam wieder eine kleine Trabtour und der zweite Galopp etwas gesetzter, hierbei saß ich auch gerne fest im Sattel. Nach der kurzen Aufwärmphase ging es auch schon ans Warmspringen. Wie immer erst aus dem Trab über ein Kreuz mit Vorlegestange. Dieses ritten wir abwechselnd von links und rechts an. Sehr schnell stellte Rick die Löcher höher und kurz darauf machte er aus dem Kreuz einen kleinen Steilsprung von einem Meter mit Vorlegestange. Wir Wechselten auch schnell die Hindernisse, das gleiche machten wir dann mit einem Oxer. Rick war heute wieder einmal sehr gut drauf, was für die Reiter immer eher schlecht war, denn dann war er besonders kreativ. Um die Schnellkraft der Pferde zu schulen, bekamen wir heute sogar In-Outs auf gebogener Zirkellinie die nach und nach immer höher wurden. Danach änderte er die Abstände der Vorlegestangen, rollte sie mal etwas zu eng, mal etwas zu weit weg, damit die Pferde sich entweder extrem rund im Rücken machen mussten oder richtig weit springen mussten. Es war sehr schwierig für mich und Ginny, da die Stute manchmal nicht so schnell mitdachte und dann die Stange schmiss. Sie wurde aber nach jedem Abwurf vorsichtiger. Als wir dann bald bei einer Höhe von fast 1.25 m angekommen waren, merkte ich, dass Ginnys Vermögen langsam an ihre Grenzen stieß. Sie war zwar noch recht jung, man konnte aber schon erahnen, dass bei maximal einem 1.40 Parcours wohl bei ihr Schluss sein würde. Es stimmte mich ein wenig traurig, da sie die Hindernisse stets mit so viel Herz und Willen anging. Logan hatte mir vorgeschlagen, als alter Buschreiter, dass ich in nächster Zeit mit ihm zusammen und mit Ginny auf die Geländestrecke gehen und sie dort mal ausgiebig testen solle. Nach fast 45 Minuten „Aufwärmtraining“ ging es nun endlich ans Parcoursspringen. Ginny fing schon gut an zu schwitzen, ich konnte es ihr nicht verübeln, Rick wollte es heute tatsächlich mal wieder wissen. Zuerst absolvierte Jeanine den Parcours, wie immer war es nahezu perfekt. Noemi und sie harmonierten einfach wunderbar. Danach waren ich und Ginny an der Reihe. Mit diesen 1.30m Parcours übten wir schon für die ersten M-Prüfungen auf Turnieren. Rick stoppte auch die Zeit. Die ersten 4 Hindernisse überwanden wir ebenfalls nahezu perfekt, doch dann kamen wir irgendwie aus den Rhythmus und in einer Distanz versemmelten wir Ein- sowie Aussprung. Die Stangen fielen und Rick tobte. „Am Einsprung zu wenig Bein und beim Aussprung zu viel!!! Anfängerfehler!! Das darf nicht passieren!!“ Natürlich mussten wir die Distanz gleich wiederholen. Danach klappte alles relativ gut, obwohl wir dennoch noch einen Abwurf kassierten. Erst nach dem zweiten Versucht gelang uns auch dieser Sprung. Rick forderte zwar noch einen Durchlauf, doch ich winkte ab. Ginny pumpte stark und ich wollte sie nicht überfordern. Nach ein paar Trabrunden am langen Zügel und anschließenden Schrittrunden zum Entspannen stieg ich ab. Ich spritzte sie noch schnell ab und stellte sie zurück in ihre Box. Abends würde ich sie dann noch mit Ibiza auf die Koppel stellen. Als nächstes war Rubin dran. Auch er war schnell geputzt und hergerichtet. Ich legte mir noch schnell kleine Sporen an, dann ging es auch schon wieder weiter. Breanna lächelte mir schon von weitem entgegen, sie zog mit ihren Hengst Take me to Ateri am langen Zügel schon ihre Bahnen. „Hey, hab gar nicht gewusst, dass du auch mitreitest.“ – „Ich hab Rick gefragt und er meinte, dass ich bei dir mitreiten solle, Ateri und Rubin sind ca auf gleichem Niveau und das würde ganz gut passen.“ Wir quatschten noch eine ganze Weile über den Bau der neuen Halle und Logans Vorhaben, mich und Ginny mit auf die Geländestrecke zu nehmen, bis Rick kam und gleich mal einen Schrei über den Platz lies: „Soll ich den Damen vielleicht noch eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen bringen?“ Unverzüglich trabten wir beide gleichzeitig an fingen an, die Pferde aufzuwärmen. Rick änderte noch ein paar Kleinigkeiten am Parcours, stellte die Hindernisse niedriger und nahm noch eine lange Reihe mit 5 Kreuzen, die jeweils einen Galoppsprung voneinander entfernt waren hinzu. Während ich im Galopp meine ersten Bahnen zog und Rubin etwas zulegen ließ, schien er schon fertig zu sein. Ich staunte immer wieder über seine Schnelligkeit und sein präzises Auge, was die Abstände betraf. Als ich meine zweite Trabtour drehte war Rick mit allem fertig. „So, dann legen wir mal los.“ Auch hier begannen wir wieder mit einem Kreuz und einer Vorlegestange, abwechselnd von linker und rechter Hand. Bei den jüngeren Pferden wechselten wir öfters die Hindernisse, da sie so viele verschiedene wie nur möglich sehen sollten. Durch meine kleinen Sporen konnte ich Rubin von Anfang an schön am Beim halten und ihn motivieren. Nach den einzelnen Hindernissen mit Vorlegestange gingen wir an die lange Reihe mit dem 5 Kreuzen über. Nach jedem Durchlauf wurden die Kreuze höher, bis er schließlich kleine Steilsprünge von ca 90 cm daraus machte. Danach ließ er uns noch 3 einzelne Hindernisse von 1.20 Meter aus dem Galopp springen, eher wir erneut an die lange Reihe übergingen. Nun stellte er alle Hindernisse auf 1.05m, den Vorletzten sogar auf 1.15m und den Letzten auf 1.25m. Und als sei dies noch nicht genug, verkürzte er den Abstand vom Vorletzen auf den Letzten sogar noch. Anscheinend wollte er, dass die beiden Youngster mehr über den Rücken springen sollen. Breanna und Ateri meisterten die Reihe problemlos, auch wenn Ateri zum Schluss hin etwas zu schnell wurde und es die Beiden beinahe beim letzten Sprung zerbröselte. Auch ich hatte meine Schwierigkeiten mit der Reihe, da Rubin zuerst zu langsam in die Reihe kam, als er jedoch sah, dass nach hinten hinaus ein etwas größerer Sprung stand, legte er deutlich zu. Leider hatte Rubin nicht damit gerechnet, dass nach den etwas höheren Sprung ein noch höherer Sprung kam. Da er sich beim 1.15m Sprung schon etwas übersprungen hatte, kam er zu weit zum nächsten Sprung und es war kein Platz mehr für einen kleinen Galoppsprung, um den nächsten Sprung zu nehmen. Ich rechnete eigentlich damit, dass Rubin nun stehen würde, doch der Fuchs machte einfach ein In-Out daraus und sprang nach der Landung sofort wieder ab. Ich war etwas hinter der Bewegung und hätte den Sprung sicherlich noch gesessen, hätte Rubin nicht so eine wahnsinns Bascule. Sein Hals wurde endlos lang und sein Kopf verschwand zwischen seinen Vorderbeinen. Sein Bauch zog sich ein und als die Beine von hinten schoben, hatte ich plötzlich kein Pferd mehr unter mir und ich befand mich schwerelos in der Luft. Und als nächstes krachte ich alleine ohne Pferd unsanft auf den Boden. Ich landete direkt mit meinen Knien im Sand. Kurz schmerzten meine Knie und auch meine Handgelenke, mit denen ich mich abgestützt hatte, dann musste ich schmunzeln: was für ein wahnsinns Sprung. Gleich darauf war Rick neben mir. „Hast du dir weh getan?“, fragte er besorgt, sein sonst so braunes Gesicht wirkte etwas bleich. Ich blickte ihn verwirrt an. „Glaube nicht.“ Dann half er mir auf die Beine. Auch Breanna sah mich geschockt an. „Alles klar?“ – „Ja.“ Rubin, der nicht mehr läuft als er wirklich muss, stand seelenruhig ein paar Meter entfernt und blickte uns beide verwirrt an, als ob er nicht ganz verstehen könnte, wieso ich auf einmal nicht mehr auf seinen Rücken sitze. Ich klopfte den Staub aus meiner Reithose und meinem Shirt, dann schwang ich mich wieder in den Sattel. Noch immer pumpte Adrenalin durch meine Adern und der Gedanke an das Gefühl von vorhin machte mich ganz hibbelig. Das war einfach der Oberhammer. „Möchtest du gleich nochmal, Steffi?“, Rick schien langsam seine Sprache wieder zu finden. Ich nickte und Breanna blieb mit einem Sicherheitsabstand von der Reihe stehen. „Klar.“ Ich trabte auch schon an, in der Ecke gab ich die Galopphilfe. Ich setzte mich richtig tief in den Sattel, versuchte meine Gesäßknochen zu spüren und mir vorzustellen, ich würde im Sattel kleben. Rubin trug seinen Kopf relativ hoch, er war absolut angespannt. Er wusste nun, dass dort zwei hohe Sprünge auf ihn warteten. Die ersten drei Sprünge stellten kein Problem für uns da, ich ließ ich nun auch nicht schneller werden und setzte mich nach den Sprüngen sofort wieder tief in den Sattel. Beim 1.15m Sprung versuchte ich ihn noch immer sehr eng bei mir zu halten, er durfte aus den letzten beiden Sprüngen nicht wieder ein In-Out machen. Wieder hob er gigantisch ab, doch diesmal kontrollierter, danach setzte ich mich sofort zurück und versuchte ihn auch mit meiner Stimme zu bremsen „Hoooooooh“. Doch als er den letzen Sprung sah konnte er nicht anders, ich spürte wieder wie er sich unter mir zusammen zog, doch dieses Mal wusste ich, was mich erwartete. Ich klemmte meine Knie so fest zusammen, wie es mir nur möglich war und versuchte so weit wie möglich mit meinen Popo und Oberkörper nach vorne zu kommen. Ich hatte regelrecht das Gefühl, als würde ich versuchen, mich auf seinen langen Hals zu legen. Meine Finger griffen in seine Mähne und krallten sich fest und so überwanden wir den Sprung. „Wuhu!“, entfuhr es mir, als es vorbei war und Rick lachte. „Man, man, man…wer hätte das gedacht. Der kleine Rubin kann Springen wie ein Weltmeister.“ Auch Breanna konnte nun wieder lachen. „Da war ja noch so viel Luft dazwischen.“ – „Wirklich?“, hörte ich mich selbst stolz sagen. Lobend tätschelte ich seinen Hals. Rubin war einfach der Beste. Rick schien zufrieden mit uns zu sein, er steckte Rubin ein Leckerli zu und klopfte ihm den Hals – ein wirklich seltene Geste von ihm. Danach ging es im gewohnten schroffen Ton weiter. Als nächstes gingen wir zu den höheren, einzelnen Sprüngen über. Besonders der 1.25 m Steilsprung, den wir aus der Ecke kehrt nehmen mussten, stach mir ins Auge. Er hatte so einen doofen Regenbogen Unterbau. Ich hasste Regenbogen. Zumindest im Moment. Breanna und Ateri legten wieder vor, als es bei ihnen jedoch krachte, mussten sie den Sprung wiederholen. Dann galoppierte ich an, wieder sehr darauf bedacht ihn stark am Bein und auf Spannung zu halten. In einem fast versammelten Tempo galoppierte ich die lange Seite entlang, bevor ich die Wendung einleitete. Rubin, der schon die ganze Zeit auf ein neues Hindernis wartete, hatte nun den Steilsprung entdeckt, seine Ohren schnellten nach vorne und ich spürte, wie er anziehen wollte. Ich hielt aber dagegen und parierte ihn am äußeren Zügel mal etwas fester, damit er sich meinen Hilfen nicht entzog. Sofort kam er mit dem Tempo zurück und blieb bei mir, wartete ab. Ich ritt den Sprung lieber auf eng an, schon mit dem Hintergrundwissen, dass Rubin dann erst recht wieder enorm abheben würde. Und natürlich kam es nicht anders – Rubin machte wieder einen Satz vom Feinsten und wieder blieb ich sitzen. Rick strahlte. „Super, mach noch gleich den Oxer dort hinten!“, rief er mir zu und deutete auf einen pinken Oxer am anderen Ende des Reitplatzes. Im Rechtsgalopp ging es also weiter auf den Oxer. Wieder hielt ich ihn sehr zurück, erst beim Näherkommen konnte ich erkennen, dass dieser Oxer auf jeden Fall ein 1.40 m Sprung war. Auch Rubin schien nun zu wissen, wohin die Reise führte. Der Zug auf meiner Hand wurde stärker und ich musste mich fast etwas zurücklehnen, um den Druck stand zu halten. Wieder parierte ich ihn heftiger am äußeren linken Zügel, ermahnte ihn quasi dazu ja bei mir zu bleiben und mich nicht wieder so abzuschießen. Kurz vorm Sprung wurde die Spannung fast unerträglich, Rubin dränge nach vorne und erst beim letzten Galoppsprung vorm Oxer ließ ich ihn gewähren und nochmal richtig Schwung mitnehmen. Das Resultat: Rubin übertraf sich selbst, er schoss in die Lüfte, machte sich rund wie nie und überwand den Sprung mit genügend Luft dazwischen. Als wir endlich wieder landeten und ich mir sicher sein konnte, dass ich wieder im Sattel saß klopfte ich ihn lobend den Hals, während er im Linksgalopp an der langen Seite lief. „Super! So soll das aussehen! Machen wir Schluss für heute mit ihm, das reicht.“ Ich war Ricks Meinung, Rubin war heute so überragend, das war wirklich genug.
---> hier endlich mal ein kleiner Auszug von meinem neuen Bericht...der Rest folgt ^^
Hey Leute, mal ne Frage: auf welchen Höfen gibt es denn gute Springturniere? Wollte mich heute mal auf ein paar Turnieren anmelden, hab aber iwie nix gefunden, was mir wirklich zusagt. Suche hauptsächlich schöne Höfe mit guter Teilnahme und Prüfungen von L bis S*** Springen.
Where are we? What the hell is going on? The dust has only just begun to form, Crop circles in the carpet, sinking, feeling.
Wo fängt man an und wo hört man auf? Was lohnt es sich zu erzählen und was nicht? Was sollte man besser tun und was lässt man besser sein? Was ist wichtig und was ist unwichtig? Um wen kümmert man sich und wen lässt man besser alleine? Was, wenn man keine Ahnung mehr von alledem hat?
Spin me round again and rub my eyes. This can't be happening. When busy streets a mess with people would stop to hold their heads heavy. Hide and seek.
Ich weiß nicht mehr, wie das eine das andere ergab. Letzten Endes ist das wohl auch nicht mehr so wichtig. Am Ende kommt es eh nicht mehr darauf an. Ich weiß nur noch, dass heute vor genau 3 Jahren der Anruf kam, dass mein Vater einen schweren Herzinfarkt erlitten hatte. Von da an ging alles ganz schnell. Ich musste nach Hause. Ich dachte nur für ein bis zwei Wochen, doch aus zwei Wochen wurden drei. Aus drei, vier. Dann war es schon über einen Monat. Und schließlich sah ich mich selber meine Wohnung räumen, mein Kind einpacken, meine Pferde aufladen und Sportpferde Rosenberg verlassen. Es war wie ein anderes Ich. Das war nicht ich. Das war nicht ich, wer meine Mutter und meine Schwester die Nächte lang trösten musste. Das war nicht ich, wer die Grabrede 3 Wochen nach dem Herzinfarkt hielt. Das war nicht ich, wer sich um die finanziellen Angelegenheiten kümmerte und feststellte, dass es nicht so gut aussah. Das war nicht ich, wer eines nach den anderen von meines Vaters Pferden verkaufte und schließlich meine eigenen. Das war nicht ich, das war ein anders Ich.
Trains and sewing machines. All those years they were here first. Oily marks appear on walls Where pleasure moments hung before. The takeover, the sweeping insensitivity of this still life. Hide and seek.
Während meine Mutter sich in der Trauer verkroch und meine Schwester Zuflucht bei Ihrem Freund suchte, versuchte ich so viel wie möglich zu retten. Meine Eltern zählten nie zu den wohlhabenderen Menschen. Meine Mutter arbeitete nur noch 30 Stunden in einen Krankenhaus als Krankenschwester und mein Dad, der ursprünglich mal Schreiner gelernt hatte, arbeitete hauptsächlich mit seinen Pferden und schreinerte nur noch Nebenbei. Für mich war das nie schlimm. Wir lebten sehr einfach und unsere Tiere und unser Grund waren uns das Wichtigste. Das Haus, das Grundstück, die Koppeln und die Ställe waren jedoch alle auf Kredit gekauft und noch nicht abbezahlt. Es waren noch ca. 70.000 Euro offen und die mussten nun her – und am besten schnell. Die 7 Pferde, welche mein Vater noch in seinen Besitz hatte, brachten insgesamt nur 20.000 Euro ein, da es nur noch 3 ältere Zuchtstuten 2 Zweijährige ein 3 und ein 4 Jähriger waren. Dann war da noch Ricadero, der Hengst, den mein Vater für mich aufheben wollte. Ricadero, das erste Fohlen von meinen Rocky. Mein Rocky. Mein erstes Großpferd. Mein erster Hengst. Mein erstes selbst eingerittenes Pferd. Mein erster S*** Ritt. Mein Rocky. Für Ricadero bekamen wir leider auch nur 5.000 Euro, da er mit seinen damals 7 Jahren noch nicht öffentlich vorgestellt worden war und keine besondere Abstammung hatte. Ich wollte nicht, dass meine Mutter mit ihren 55 Jahren nochmal auf 40 Stunden erhöhen musste und meine Schwester wollte studieren. Also gab es für mich nur eine Lösung: ich musste meine Pferde verkaufen. Am schnellsten ging Felicity, die Tochter von Facility, weg. Sie war mit ihrer Abstammung und ihren 4 Jahren eine gute Perspektive für ambitionierte Turnierreiter. Danach ging ihre Mutter zur Zucht und für ein junges Mädchen zum Einstieg in die S*** Prüfungen weg. Am härtesten traf mich der Abschied von Allegra, meiner pechschwarzen Stute. Mit 5 Jahren bekam ich sie als „Problempferd“. Aus ihr entwickelte sich ein höchst erfolgreiches und ehrgeiziges Springpferd, welches mich sowohl durch einen 1,65 m hohen Parcours trug, als auch über feste Geländehindernisse und durch das große Viereck trug. Auch Jacomo, der brave Fuchswallach von Tom, musste gehen. Tom wollte ihn hergeben, er wollte auch etwas beisteuern. Ich war ihn sehr dankbar dafür, auch wenn es damals schon zwischen und kriselte. Von Riacho, Rocky Rubin und Ibiza konnte ich mich jedoch nicht trennen. Zudem waren die Schulden durch meine Sportpferde gedeckt und durch den Verkauf von meinen Audi Q7 konnten wir sogar noch etwas Geld auf die hohe Kante für schlechte Zeiten legen. Doch das Schicksal meinte es nicht gut mit mir. Riacho erlitt 2 Monate drauf eine schwere Kolik. Ich brachte ihn sofort in die nächste Pferdeklinik. Er musste auf den OP-Tisch und dort konnte man mir dann nur noch mitteilen, dass bereits Teile seines Darmes abgestorben waren und es das Beste wäre, wenn man ihn gar nicht mehr aufwachen ließe. So verließ mich mein zweites Fohlen von Rocky. Ich begann langsam daran zu glauben, dass diese Person dort oben im Himmel mich wirklich hassen musste. Unser Pfarrer im Dorf pflegte stets zu sagen: Der Herr gibt es, der Herr nimmt es. Doch bei mir nahm er mehr, als er gab. Tom versuchte mir so viel zu helfen wie es nur ging, doch auch er schaffte es nicht. Mir konnte man nicht helfen. Als es dann auch noch starke Probleme auf Sportpferde Rosenberg gab, musste Tom zu Jeanine und Rick zurück. In der Zeit als Tom weg war machte ich mir viele Gedanken über unsere Zukunft. Im Moment konnte ich mir nichts vorstellen. Alles war auf das hier und jetzt beschränkt. Als dann auch noch Yoshi, der Jack Russell Terrier, den Tom mir damals zum Geburtstag geschenkt hatte als es auch ganz schlimm zwischen uns gekriselt hatte, von einen Auto überfahren wurde, gab ich völlig die Hoffnung auf. Es gab nichts, wofür sich die Anstrengungen noch lohnten. Erst musste ich wieder mit mir zurecht kommen, bevor ich eine Beziehung mit einen anderen Menschen eingehen konnte. So verließ ich Tom kurz vor Sophies vierten Geburtstag.
Trains and sewing machines. ( " Oh you won't catch me around here" ) Blood and tears, They were here first.
Die Zeit verging so schnell und gleichzeitig so langsam wie noch nie. Sophie war mittlerweile schon 5 Jahre alt. Noch ein Jahr und sie würde in die Schule kommen. Alles hatte eine mechanische Routine angenommen. Ich stand in der Früh um sieben auf, machte Sophie fertig, brachte sie in den Kindergarten und fuhr wieder heim. Dort half ich meiner Mutter im Haushalt und fuhr dann später in den benachbarten Reitstall. Der Besitzer war ein sehr enger Freund meiner Familie. Dort standen nun auch Rubin und Ibiza. Da ich nach der Realschule Pferdewirtin gelernt hatte und keinen „vernünftigen“ Beruf, fand ich bei uns in der Umgebung auch keinen vernünftigen Job. So kam ich bei Timo und seinem Reitstall als Bereiterin unter und gab nebenbei noch ein bisschen Reitunterricht. Allerdings war ich darüber alles andere als glücklich. Seine Frau war eine arrogante und absolut schreckliche Persönlichkeit, die mich schon damals immer von oben herab behandelt hatte und da ich jetzt quasi für ihren Mann arbeitete, tat sie das nun besonders gerne. Dazu kam auch noch, dass Timo und ich vor Jahren einmal ein Paar waren. Er war mein erster richtiger Freund. Unsere Eltern waren damals sehr traurig, als wir uns trennten. Ich hasste meine Arbeit dort. Ich hasste die Leute dort, hasste die Art und Weise wie sie miteinander umgingen und von den meisten konnte ich auch behaupten, dass sie keine Ahnung von guter Reitweise hatten. Mir taten die Pferde und Timo leid. Timo war mit der Allgemeinsituation überfordert und die Pferde mit den Reitern. Timo konnte ich nicht helfen, ich hatte selbst genügend Probleme, aber den Pferden konnte ich helfen. Nicht allen, aber einigen. Und ich versuchte so viel von meinem Wissen weiterzugeben, wie nur irgendwie möglich. Zwar hatte ich in meinen richtigen Leben auf voller Linie versagt, doch auf dem Pferd war die Welt noch in Ordnung.
Mmm, what you say ? Mm, that you only meant well? Well, of course you did. Mmm, what you say ? Mm, that it's all for the best ? Ah of course it is. Mmm, what you say ? Mm, that it's just what we need? And you decided this. Mmm what you say ?
What did she say ?
Es war einer dieser tristen Herbsttage im Oktober, die jeder so sehr hasste. Es lag noch Nebel auf den Feldern und Wiesen und so wie es aussah, würde er dort auch den ganzen Tag bleiben. Es war feucht-kalt und die Blätter rieselten in Massen von den Bäumen. Viele der Koppel wurden nun gesperrt, da die Pferde sonst die Grasnarbe kaputt machen könnten. So lagen sie einsam und verlassen hinter den großen Stallungen und der Reithalle. Auf dem Außenreitplatz waren etwas größere Pfützen und die Hindernisse wurden alle nach Innen geschafft. Mit eingezogenem Kopf näherte ich mich den Stallungen, schlich mich vorbei an dem großen Hauptgebäude, in den Timo mit seiner Frau Veronika und seiner Tochter wohnten. Gerade als ich die riesige Stalltüre aufmachen wollte hörte ich ihn rufen: „Steffi! Hey! Lust auf Frühstück?!“ Ich drehte mich langsam um, sah ihn in der Haustüre stehen. Er trug enge Jeans und einen weiten Schlabberpulli darüber. Er sah unausgeschlafen und fertig aus, doch wie gesagt, ich konnte ihn nicht helfen. „Ne sorry, hab schon was gegessen. Trotzdem Danke. Sehen uns später!“, dann verschwand ich schnell hinter der Stalltüre. Meine Stiefeletten klackerten im Tackt meiner Schritte am Boden. Einige Pferde lugten aufmerksam hinter den alten Gitterboxen hervor. Neugierige Augenpaare blickten mich erwartungsvoll an. Ich schnalzte mit der Zunge und sprach im Vorbeigehen mit Rubin und Ibiza: „Morgen meine Hübschen!“ Ibiza brummte mein Erklingen meiner Stimme erwartungsvoll, doch ich ließ sie hinter mir. Zuerst musste ich meine Pflegekinder versorgen, ehe ich mich meinen eigenen Pferden widmen konnte. Heute hatte ich ein recht lockeres Programm, deswegen war ich sehr zuversichtlich, dass ich heute Ibiza und Rubin reiten würde. Zuerst würde ich mich um die große Rappstute einer 15 Jährigen kümmern. Sie hatte die 6 Jährige Stute letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt bekommen. Ein sehr großzügiges Geschenkt, wenn man bedenkt, dass die Stute damals um die 25.000 Euro gekostet hatte. Sie hatte eine recht nette Dressurabstammung und tolle Gänge. Jeder Kenner würde der Stute eine tolle Karriere im Viereck prophezeien – doch nur mit der dementsprechenden Förderung. Die Stute hatte ein zu labiles Nervenkostüm und war unter dem Sattel sehr anstrengend, nichts für eine 15 Jähriges Mädchen, welches bisher nur auf Lehrpferden gesessen hatte. Doch der Vater hatte das dementsprechende Geld und hatte es sich nun einmal in den Kopf gesetzt, dass seine Tochter genau dieses Pferd reiten sollte. Ich stand der Angelegenheit mit gemischten Gefühlen gegenüber; einerseits wäre es das Beste für das Pferd und das Mädchen, wenn die Stute die Besitzer wechseln würde. Dadurch würde man sich viel Geld und Nerven sparen. Andererseits war auch ich damals ins kalte Wasser geworfen worden und mein Vater stellte mir mit 13 Jahren einen Jährling vor die Türe. Es war eine schrecklich anstrengende und schmerzhafte Zeit, dennoch möchte ich keinen Augenblick missen. Es gibt kein tolleres Gefühl, als ein Pferd selbst auszubilden und die ersten Siege einzuholen. Vor der Box der dunklen Schönheit hielt ich kurz inne. Kathi, das Mädchen, würde heute zum Zuschauen kommen. Vielleicht konnte ich sie dazu überreden am Schluss des Trainings ein paar Trabrunden auf Clara, die Abkürzung für Clarissa, zu drehen. Es lag mir sehr am Herzen, dass Kathi lernte, wie man mit ihrer Stute umgehen musste und dazu musste sie das Tier reiten lernen. Ich holte die Rappstute aus der Box, band sie am Putzplatz an, nahm ihr die Decke ab und begann die Stute zu putzen. Ab und zu begrüßte ich ein paar Einsteller und Stallburschen, hielt hier und da ein kleines Schwätzchen mit ihnen. Ich hoffte die ganze Zeit, dass Veronika nicht in den Stall kommen würde. Nichts würde mir den Tag so sehr versauen, wie ihr Anblick. Als Clara gesattelt und getrenst war zog ich mir noch schnell meine Reitstiefel an, setzte eine Kappe auf und ging dann in die Halle. Dort durfte die Stute erst mal gute 10 Minuten am langen Zügel ihre bahnen ziehen. Als ich der Meinung war, dass sich ihre Muskeln langsam aufwärmten, nahm ich die Zügel kürzer und ritt kleinere Lektionen wie Schlulterherein und Schenkelweichen im Schritt. Danach trabte ich sie leicht und ritt sie anfangs immer vorwärts-abwärts. Ich versuchte einen klaren Takt und ihre Trabtritte hineinzureiten und legte sehr viel Wert auf die Losgelassenheit im Pferd. Erst als sie fleißig vorwärts ging und zum Abschnauben begann, fasste ich die Zügel kürzer und suchte vermehrt die Anlehnung. Es dauerte nicht lange, bis sie zufrieden abkaute. Den ersten Galopp ritt ich immer etwas frischer heraus und lies sie nicht zu sehr zurückkommen. Dabei achtete ich sehr darauf, dass sie weg von der inneren Hand kam, da Kathi sie immer zu sehr innen festhielt. Danach war erst mal eine kleine Schrittpause zur Entspannung angesagt. Zuerst etwas am längeren Zügel, dann wieder am kürzeren. Nun begann ich auch schon etwas mit Vor- und Hinterhandwendungen, sowie kleinen Schrittpirouetten. Dann trabte ich sie noch kurz etwas höher im Genick leicht, dann ging es auch schon ans Aussitzen. Ich hasste Aussitzen und noch mehr hasste ich dieses übertriebene Schwingen der guten Dressurpferde. Ich wusste schon, wieso ich das Springen bevorzugte. So langsam wurde mir warm und mein Gesicht bekam wieder diese hässliche, übertriebene Röte, als würde ich einen Marathon laufen. Ich erblickte Kathi hinter der Bande stehen und Begrüßte sie lächelnd. „Magst du denn nicht hereinkommen?“, fragte ich sie. Sie schien etwas verwirrt zu sein und fragte zögernd: „Wieso denn?“ „Damit ich dir ein paar Dinge besser erklären kann und du besser siehst.“, gab ich ihr zur Antwort. Schon kam sie nach Innen. Ich zeigte ihr, wie sie die Stute richtig stellen und biegen musste und versuchte ihr deutlich zu machen, wie wichtig der äußere Schenkel bei allen Lektionen ist. Zum Schluss übte ich noch ein bisschen die einfachen Wechsel. Clara sollte zwar schon längst in Dressurpferdeprüfungen der Klasse L laufen, ich hatte aber das Gefühl, dass die Stute noch nicht bereit dazu war. Sie sperrte sich noch zu sehr bei versammelten Lektionen, oder bei Lektionen, die sehr auf ihre Hinterhand angewiesen waren. Demnächst würde ich mit ihr etwas das Springen anfangen wollen. Es gab meiner Meinung nach keine bessere Methode die Hinterhand zu schulen, als Gymnastikreihen. Zum Schluss bat ich Kathi sich noch etwas auf Clara zu setzen. Ich sah den Zweifel und die Angst in ihren Augen. „Keine Sorge, du sollst sie nur noch etwas abtraben. Das ist nicht schwer, sie ist jetzt ganz brav.“ Schließlich gab sich Kathi doch noch einen Ruck und setzte sich auf ihr Pferd. Am langen Zügel ließ sie die Stute noch etwas Abkauen. Sie streckte sich schön durch und wurde nicht schneller, als Kathi ihr immer mehr Zügel gab. Dann legte ich ihr die Abschwitzdecke auf Kathi ritt Clara noch etwas im Schritt. Ich ließ die beiden alleine und ging zu meinen zweiten Ziehkind. Es war ein 4-Jähriger Holsteiner Hengst namens Calimero. Ich sollte ihn für die Hengstleistungsprüfung im kommenden Frühjahr fertig machen. Während ich den ausschimmelnden Hengst putzte kam auch Kathi mit Clara. Ihre Wangen leuchteten rötlich voller Begeisterung. Ich Lächelte zurück. „Sie lief prima.“, stellte Kathi zufrieden fest und klopfte ihrer Stute lobend den Hals. „Ja, stimmt. Das wird schon Kathi, hab einfach nur ein wenig Geduld.“, ermunterte ich die Kleine. „Ich wünschte nur, ich könnte sie schon alleine so reiten…das sieht immer so einfach aus.“, erwiderte Kathi . „So einfach ist das nun auch wieder nicht.“, lachte ich und musste an meinen hochroten Kopf denken. „Du bräuchtest einfach noch ein bisschen mehr Training auf einem erfahrenen Pferd. Dort lernst du mehr über das richtige Feingefühl und das Zusammenspiel der Hilfen. An sich passt das mit dir und Clara ganz gut, du bist nur noch nicht in der Lage ihr neue Dinge in der entsprechenden Ruhe zu zeigen. Das ist alles.“ Ich war mir nicht sicher, ob meine Worte sie aufgebaut hatten. Sie wirkte irgendwie deprimierter als zuvor. „Wenn du willst kannst du heute mal reiten, sie war deiner Clarissa in jungen Jahren gar nicht so unähnlich und hat sich prima entwickelt. Vielleicht könnte dir das helfen.“ „Wirklich? Das soll ich tun?“, im Moment schien sie nicht zu wissen, wie sie darauf reagieren soll. Kurz war ich mir auch nicht mehr sicher, ob das wirklich so eine gute Idee war. Dann hörte ich mich jedoch sagen: „Klar, wieso denn nicht?“ Nun grinste sie über beide Ohren. „Okay.“ Während ich Calimero fertig machte und zum Satteln begann brachte Kathi Clarisse weg und holte dann Ibiza aus der Box. Ich zeigte ihr noch schnell wo sie den Dressursattel und die Trense von ihr finden würde. Während ich Calimero, auch gerne Calle genannt, aufwärmte kam Kathi mit Ibiza herein. Sie hatte sie extra sauber geputzt und sogar passend zur grünen Schabracke bandagiert. Während die beiden also am langen Zügel ihre Runden drehten ritt ich den jungen Hengst viel vorwärts-abwärts und übte mit ihm die Übergänge. Schritt-Trab, Trab-Galopp, Galopp-Trab, Trab-Schritt und Schritt-Halt. Auch ganze Paraden vom Trab ins Halten standen heute auf dem Programm. Er zeigte sich heute sehr kooperativ und als er sofort auf meine treibende Hilfe vom Halten in den Trab wechselte lies ich es gut sein für heute. Morgen würde er etwas zum Freispringen kommen und danach würden wir langsam an die Verstärkungen herangehen. Gerade als ich ihn am langen Zügel im Trab auskauen lies und dann in den Schritt durchparierte hörte ich ihre Stimme. Veronika. Instinktiv verdrehte ich die Augen und stellte mich auf Abwehr ein. Selbstsicher wie immer stolzierte sie an der Bande der Halle entlang. „Hallo zusammen, na wie läufts?“, fragte sie Lächelnd, doch mir entging ihr prüfender Blick auf mich und Calle und Kathi und Ibiza nicht. Sie unterhielt sich kurz mit einer Einstellerin, die ebenfalls in der Halle ihr Pferd bewegte, dann fing sie mich ab, als ich gerade an Calimeros Abschwitzdecke an der Bande angelte. „Na, wie war er heute?“, fragte sie ohne langes Vorgeplänkere. „Gut.“, erwiderte ich ihr, ohne sie anzusehen. „Gut?“, fragte sie mit hochgezogenen Augenbrauen. “Ja, er war gut.”, ich wollte das Gespräch nicht weiter vertiefen und mich schnellst möglichst aus dem Staub machen. „Und wieso hörst du dann jetzt schon auf?“, fragte sie schnippisch. „Weil seine Leistung heute ganz ordentlich war und ich ihn nicht überstrapazieren möchte.“, ich verkneifte es mir mit den Augen zu rollen. „Ach Steffi, hör doch schon auf. Du hattest nur einfach keine Lust mehr, stimmts? Benutz doch nicht so billige Ausreden…“, ich wusste, dass sie mich nur provozieren wollte. Ihr gefiel es nicht, dass Timo mir die wichtigen Aufgaben zuordnete und mir völlige Narrenfreiheit gab. Wenn es nach Veronika gehen würde, hätte ich die ganze Zeit einen Beobachter, der ihr jedes Detail berichten konnte, was ich den ganzen Tag tat. Ich fixierte sie fest: „Na klar Veronika, so ist es natürlich.“ Ich sprach ihren Namen besonders hart aus und stieg dann ab, um Calle aus der Halle zu führen. Mein Sarkastischer Ton war Veronika auf keinen Fall, sie verzog ihr Gesicht und überlegte sich, was sie mir nun entgegen schleudern konnte. Bevor ich komplett aus der Halle draußen war hörte ich sie lauter rufen als nötig: „Natürlich, entschuldig. Es gibt doch nichts anderes mehr als das hier, was in deinem Leben spannend sein könnte…“ Ich schluckte meinen Kommentar runter und ging zum Absatteln. Während ich in stiller Wut Calle versorgte wäre ich beinahe in Timo hineingerannt. „Hoppla.“, hörte ich ihn nur sagen, als er auswich. Ich starrte ihn wütend an, ehe ich ein „Entschuldigung“ rausbrachte. „Kein Problem. Was ist denn heute über die Leber gelaufen?“, fragte er neugierig. „Deine Frau.“, schleuderte ich ihn unüberlegt entgegen. Erst jetzt begriff ich, dass ich das besser nicht erwähnt hätte. „Veronika? Wieso, was ist passiert?“ Ich versuchte abzuwehren: “Nichts Timo. Ich hab nur einfach einen schlechten Tag. Wenn du mich jetzt bitte entschuldigen würdest? Ich muss zu Kathi in die Halle…“, dann verschwand ich auch schon ohne eine weitere Reaktion seinerseits. Ich versuchte mich abzulenken, indem ich Kathi zeigte, wie man am Besten ein Pferd warmreitet und bei Laune hält. Wie wichtig ein paar lobende Worte sein können und wann sie eine durchhaltende Zügelhilfe brauchte und wann eine nachgebende. Wir ritten viele Gangartenwechsel und zum Schluss auch den ein oder anderen fliegenden Wechsel. Manchmal hatte Kathi noch Probleme Ibiza in einen gleichmäßigen Tempo zu halten, entweder lief sie zu sehr hinter der Senkrechten, oder sie hatte zu viel Go nach vorne und führte die Lektionen nicht sauber aus. Am Schluss jedoch funktionierte das alles schon recht gut und ich erlaubte Kathi 1 bis 2 Mal die Woche Ibiza unter meiner Aufsicht zu reiten. Das nächste Mal würden wir Ibiza mit Hilfe von Trab-, Galoppstangen und kleinen Kreuzen mehr gymnastizieren, wobei auch ein ausbalancierter Sitz und eine weiche Handführung in unserer Priorität liegen würden. Nachdem Ibiza versorgt in ihrer Box stand wurde Kathi von ihrem Dad abgeholt. Als sie den Stall verließ musste ich feststellen, dass sie schon länger nicht mehr so euphorisch gewirkt hatte. Innerlich musste ich grinsen; jeden Tag eine gute Tat. Für heute musste ich mich nur noch um meinen Jüngsten kümmern: Rubin. Ich musste ihn mal wieder mehr hinter mir herziehen, als dass er freiwillig seine Box verlassen würde. Ich putzte ihn schnell über, dank der Übergangsdecke war er nicht so dreckig wie sonst. Dann ging es schon ans Satteln. Auch ihn wollte ich heute eigentlich dressurmäßig arbeiten, aber als ich Veronikas Stimme in der Nähe der Halle hörte, entschied ich mich spontan um. An so einen trüben Herbsttag trieb es mich zwar nicht wirklich nach draußen, dennoch wollte ich nun ausreiten gehen. Schnell war ich den Springsattel auf meinen riesigen Fuchs, zog meine Kappe auf und führte ihn zum Ausgang. Ich stieg auf, gurtete nach und dann ging es auch schon los. Der leichte Nebel lag immer noch schwer auf den Feldern und ein kalter Wind lies uns regelmäßig bibbern. Heute musste ich mich für eine flotte Runde entscheiden, für eine reine Schrittrunde war es eindeutig zu kalt. Wir trabten über befahrene Feldwege, hinein in den Wald. Dort durfte Rubin etwas bergauf klettern und bergab gehen. Das waren gute Übungen für seine Hinterhand und seine Balance. Danach Galoppierte ich etwas über abgemähte Wiesen, lies ihn zulegen und wieder zurückkommen. Rubin schien das sichtlich Spaß zu machen, er schnaubte entspannt ab und reagierte bereits auf kleinste Gewichts- und Schenkelhilfen. Obwohl er anfangs etwas guckig war, schien ihn nun seine Umgebung nicht mehr zu interessieren. Ohne Probleme ging es an Fußgängern mit ihren Hunden, Bulldocks und Joggern vorbei. Ich konnte endlich mal wieder etwas entspannen und meine Gedanken freien Gang lassen. Ich erwischte mich bei den Gedanken hier wegzugehen. Einfach in ein anderes Bundesland, sodass ich nichts mehr von all den Elend hier mitbekommen könnte. Doch mir war klar, dass das nicht ging. Wieder zurück am Stall versorgte ich Rubin und machte mich dann auf den Heimweg. Noch bevor ich ging spürte ich Veronikas verhassten Blick in meinen Rücken. Ich wusste, dass sie mich rauswerfen würde, wenn Timo es nur zulassen würde. Veronika und ich waren uns noch nie sonderlich freundlich gegenüber gestanden. Wir waren wie Hund und Katze und ich wusste, sobald sich ihr die richtige Gelegenheit bieten würde, würde sie mir die Augen auskratzen. Wieso also tat ich mir das an?
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Wieder daheim angekommen begrüßte ich meinen Jack Russell Terrier Gismo. Er sprang wie wild um mich herum und schnupperte aufgebracht an meiner Kleidung, als konnte er es nicht glauben, dass ich ohne ihn in den Stall gefahren war. Mittlerweile war es kurz nach 3 Uhr nachmittags und ich hatte einen Bärenhunger. Meine Schwester hatte Sophie vom Kindergarten abgeholt und während meine Schwester für ihr Studium lerne spielte Sophie mit ihren Puppen. Sie begrüßte mich stürmisch und erkundigte sich nach Ibiza und Rubin. Ich sagte ihr, dass es beiden sehr gut geht und dass sie sich freuen würden, wenn sie bald wieder zum Reiten kommt. Sophie ritt jetzt schon für ihr Leben gerne, doch mit ihren fünf Jahren war sie mir fast noch ein wenig zu jung für Longestunden, auch wenn ich wusste, dass Timo sie schon ein paar Mal an die Longe auf einen seiner Ponys genommen hatte. Timo mochte Sophie sehr, was wohl ein weiterer Grund dafür war, dass Veronika mich hasste. Um kurz nach vier Uhr würde meine Mutter von der Arbeit kommen. Ich entschied mich dafür, für alle zu kochen. Ich schälte Kartoffeln, kochte diese, bereitete das Fleisch zu und kochte eine Soße. Als alles fertig war, hatte ich kaum noch Hunger. Es war komisch. Eigentlich war ich für meine Größe (von gerade mal 164 cm) immer gut genährt gewesen. Meine Beine waren mir stets zu dick und an meinen Bauch zeigte sich immer ein kleiner Rettungsring. Doch nun fühlte ich mich zum ersten mal etwas zu dünn in meinen Körper. Mein Gesicht wirkte eingefallen und blass, meine Reithosen waren zu groß und schlabberten an Beinen und Po. Jedoch hatte ich es nie für nötig gehalten, mir neue zu kaufen. Lustlos stocherte ich im Essen rum, als meine Mutter zur Türe hereinkam. Sie wirkte glücklich und voller Energie. Ganz anders als ich. „Oh, du hast Essen gekocht? Wie lieb von dir!“ Im Vorbeigehen küsste sie mich auf die Stirn und lies ihre Tasche auf einem Stuhl fallen. „Leider habe ich keine Zeit etwas zu essen, ich bin zum Essen verabredet.“ Eigentlich fragte ich nie nach, mit wem meine Mutter sich traf. Sie machte viel mit ihren Freundinnen, sie musste sich eben ablenken, dass hier im Haus etwas fehlte. Doch heute fragte ich gelangweilt nach: „So, mit wem triffst du dich denn, wohin geht ihr?“ – „Weißt du, mit einen meiner Arbeitskollegen. Er ist Arzt. Wir wollten zum Chinesen gehen.“ Während sie durch das Haus tobte und wie wild Sachen umräumte runzelte ich die Stirn. ER ist Arzt??? „Er?“, fragte ich nach und sah sie direkt an. Plötzlich verlangsamte sie ihr Tempo und suchte meinen Blick. „Äh ja. Ich treffe mich mit einen der Oberärzte zum Essen.“, sie versuchte ihren Worten keine große Bedeutung zu geben, doch ich sah, wie ihr die röte ins Gesicht lief. „Soll das heißen, du hast ein Date?“, Fassungslosigkeit schwang in meinen Ton mit. Mutter seufzte, blieb stehen. „Weißt du Steffi, ich bin mir nicht sicher ob man das so nennen kann…“, versuchte sie es. „Nein, warte…wird er deine Rechnungen zahlen, mit dir Flirten und fragen, ob ihr euch bald wieder trefft??!“, unterbrach ich sie. „Um ehrlich zu sein, treffen wir uns heute schon zum dritten Mal.“, gestand sie schließlich. Kurzzeitig fehlten mir die Worte. Ich versuchte mir meine Mutter mit jemand anderen vorzustellen, als mit meinen Dad und kurzzeitig fühlte ich, wie sich in meinen Augen Tränen bildeten. Vor Zorn kniff ich die Augen zusammen. „Machst wohl einen auf Grey´s Anatomy, hm?“, schleuderte ich ihr wütend entgegen. Ich sah ihren typischen therapeutischen Blick, der mir sagte: alles okay, alles wird gut. Du brauchst keine Angst zu haben oder wütend zu sein, es ist alles in Ordnung. Plötzlich stand ich neben den Tisch. „Ich kann es nicht glauben…“, hörte ich mich selber sagen. Sie blicke zu Boden, seufzte. „Weißt du Steffi, ich kann mir vorstellen, dass das für dich hart sein würde, aber dein Vater ist seit fast 3 Jahren tot, das Leben geht weiter…“ „Erzähl mir nichts von ´Das Leben geht weiter´, das weiß ich sehr wohl selber. Aber hast du denn nicht einmal an Nicole gedacht? Sie hat das alles auch sehr hart getroffen!“ – „Sie weiß es schon.“ Nun konnte ich mein Entsetzen nicht mehr verbergen. Der Mund stand mir weit offen. „Sie weiß es schon???” - “Ja, ich habe es ihr schon gesagt.” - “Und wieso hast du mir noch nichts gesagt?” – „Weil ich wusste, wie sehr dich das aufregen wird.“ – „Was? Ich rege mich doch gar nicht auf, ich finde es nur lächerlich, wie ihr euch hinter meinen Rücken gegen mich verbündet.“ – „Hier verbündet sich niemand gegen dich, es ist nur so…du tust so viel um den Platz deines Vaters einzunehmen..aber das Leben geht weiter, Steffi. Du solltest endlich Kontakt mit Tom aufnehmen, ihr beide habt euch noch so viel zu sagen…“ – „Wage es ja nicht Tom mit ins Spiel zu bringen, das geht dich gar nichts an!“, ich spürte wie meine „heile“ Welt ins Wanken geriet. Der Boden fing an nachzugeben, meine Kehle schnürte sich zu und vor meinen Augen verschwamm langsam alles. „Ach Steffi..“, war alles was ich von meiner Mutter noch hörte. Dann drehte ich mich um und verschwand hoch in den ersten Stock, den ich mir mit meiner Schwester teilte. Sophie blickte mich fragend im vorbeigehen an und auch Nicole schien die Szene am Rande mitgekommen zu haben. Sie holte meine Tochter gleich zu sich und beschäftigte sie. Nicole schien zu ahnen, dass ich heute meine Ruhe brauchte. Zum ersten Mal seit den Tod meines Vaters lies ich mich auf mein Bett fallen und schluchzte ich mein Kissen. Ich weinte um meinen toten Vater, um all meine verkauften Pferde, um den Auszug von Sportpferde Rosenberg, um Toms und meine gescheiterte Hochzeit, um mein tristes Leben in dem alles nur schief ging und um meine erbärmliche Persönlichkeit. Ich war ein Nichts. Alles wofür ich so hart gearbeitet hatte war umsonst gewesen, ich konnte gerade mal so mich und meine Tochter ernähren und hatte es über die 3 Jahre gerade mal geschafft ein bisschen Geld zur Seite zu legen. Ich würde mir nie selber ein Haus bauen können, mir nie teure Sachen leisten können und niemals mit jemanden in einer Beziehung leben können. Ich schaffte es doch nicht einmal mit mir selbst zu leben. Das einzig Gute an all dem Dilemma war, dass ich gelernt hatte mich nicht lange selbst zu bemitleiden. Es dauerte keine halbe Stunde, da saß ich wieder auf meinen Bett und blickte aus dem Fenster. Ich weiß nicht, was mich dazu bewog den Laptop einzuschalten und etwas auf verschiedenen Seiten zu surfen. Es dauerte nicht lange und Jeanine meldete sich via Skype bei mir. Sie schlug vor eine Videokonferenz zu halten, doch ich wollte nicht, dass sie sah wie ich verheult in meinen alten Kinderzimmer saß. Ihr letzter Stand war, dass ich von daheim in eine eigene Wohnung mit Sophie ziehen wollte. Ich fühlte mich noch erbärmlicher als vorher, doch ich wollte sie nicht damit belasten. Schließlich hatte Jeanine es selber in den 3 Jahren nicht einfach gehabt. Der Pferdesport war drastisch im Wandel, es war schwerer international Fuß zu fassen und auf nationaler Ebene konnte man kaum mehr Geld verdienen. Man musste exportieren und mehr ins Ausland auf Turniere fahren, um bekannt zu sein und Erfolg zu haben. Diesen Sprung schien Sportpferde Rosenberg nicht geschafft zu haben, Jeanine erzählte mir, dass sie den Hof verkaufen würde und auswandern würde. Mein letzter Stand war, dass sie in Hawaii fußfassen wollten. Sie berichtete mir ausführlich, wie gut es der ganzen Familie auf Hawaii ging und dass sich die Pferde gut eingelebt hatten. Auch, dass es auf Turnieren spitzenmäßg lief und es geldmäßig wieder sehr gut aussah. Sie erzählte mir von der Landschaft, schickte mir Bilder von der Anlage und Bilder von ihren neuen Pferd und ihren Turnierpferden. Es erinnerte mich alles ein wenig an den Anfang meiner Turnierreiterkarriere. Doch nur vom Turniere reiten lies sich nicht gut lieben, es sei denn, man schaffte den Sprung in die internationale Ebene. Ich züchtete damals ein wenig, kaufte und verkaufte Pferde und machte meinen Trainerschein bis hin zum Level B. Irgendwann wollte ich bis zu Level A kommen und gegebenenfalls zum Richter aufsteigen. Aber das war nun alles Geschichte. Wir chatteten fast 1 Stunde, als sie mich frage, wie es bei mir lief. Ich erzählte ihr nichts von meinen Konflikten mit Veronika, den Problemen mit meinen Auszug und den Dates von meiner Mam. Doch sie schien zu spüren, dass etwas im Busch war. Sie fragte mich, ob ich nicht Lust hätte sie und Ihre Familie in Hawaii zu besuchen, ich könnte 2 Wochen mit Sophie bei ihnen bleiben, doch ich hatte kein übriges Geld für den Flug und den Aufenthalt dafür, auch meine Pferde konnte ich hier nicht alleine lassen und mitnehmen konnte ich sie erst recht nicht. Das Geld würde gerade mal so für den Hinflug reichen. Da fragte Jeanine mich, ob ich nicht gleich mit nach Hawaii auswandern möchte. Zuerst lachten wir beide darüber und malten uns aus, wie es wohl sein würde, wenn wir wieder zusammen auf einen Hof sein würden. Wir könnten wieder zusammen trainieren, auf Turniere fahren und vielleicht sogar wieder etwas züchten. Alles wäre so viel einfacher zu zweit. Die Zeit auf Sportpferde Rosenberg war wohl auch meine erfolgreichste Zeit bisher – und die Schönste! Noch während ich in Tagträumen versank, schien Jeanine schon nicht mehr zu träumen. Sie erzählte mir von offenen Stellen auf Hawaii als Trainer und Reitlehrer. Sie berichtete mir, wie der Reitsport noch stark in der Entwicklung war und dass Deutsche als absolute Profis für den Reitsport angesehen wurden. Deswegen wurde auch ein deutscher Reitstall auf Hawaii eröffnet. Auch die Gewinne auf Turnieren im Ausland waren weit höher, als in Deutschland. Für Siege in den schweren Klassen waren fünfstellige Beträge keine Seltenheit. Es las sich alles so wunderbar, dass ich am Liebsten sofort ja gesagt hätte, doch mein wirkliches Leben holte mich zu schnell wieder ein. Sophie weinte schrecklich, sie musste hingefallen sein. Ich sagte zu Jeanine, dass ich es mir überlegen würde und Jeanine sagte, dass sie mit der Reitstallbesitzerin reden würde. Ich verabschiedete mich und ging zu Nicole und meiner Tochter. Nicole musterte mich kurz, „Ich fahre zu Kevin.“, sagte sie schließlich. „Klar, ich bin jetzt da.“, ich nahm ihr Sophie ab. Den Rest des Abends verbrachte ich mit meiner Tochter und verschwendete keine Gedanken mehr an Hawaii.
Ransom notes keep falling out your mouth. (Hide and seek) Mid-sweet talk, newspaper word cut-outs. (Hide and seek) Speak no feeling, no I don’t believe you. (Hide and seek) You don’t care a bit. You don’t care a bit.(Hide and seek)
Am nächsten Morgen lief alles wieder nach Routine. Um sieben Uhr klingelte der Wecker, ich weckte Sophie, machte ihr Frühstück, fuhr sie in den Kindergarten und fuhr anschließend in Timos Stall. Die Pfleger waren noch am Misten, während ich schon das erste Pferd rauszog, putzte, sattelte und ritt. Heute musste ich vier Fremde Pferde reiten und dann noch meine beiden eigenen. Als ich das erste Pferd wieder zurück in seine Box stellte war es kurz nach neun Uhr. Als ich das zweite Sattelte hörte ich Timo und Veronika in der Stallgasse. Sie schienen sich zu streiten, ich wollte gar nicht wissen über was. Wütend stapfte Veronika an mir vorbei in Richtung Halle, jedoch nicht ohne mit einen wütenden Blick entgegenzuwerfen. „Morgen Steffi.“, hörte ich Timo sagen. „Morgen Timo.“, ich hatte keine Lust auf Smalltalk, Timo jedoch blieb stehen. Ich war gerade dabei Calimero die Gamaschen fürs Freispringen anzulegen. „Na, wie macht er sich?“, fragte Timo schließlich. “Gut, wie ich finde. Er bringt eine gute Arbeitseinstellung mit und lernt schnell neues. Ich würde ihn gerne bald anspringen.“ - „Na klar!“, Timo blieb noch stehen. Ich wusste, dass er mir etwas sagen wollte, doch noch schien er es nicht zu können. Ich führte Calimero einfach an ihn vorbei in Richtung Halle. Zusammen mit 2 Stallburschen ließen wir ihn Freispringen, noch 4 andere Pferde wurden heute freigesprungen. Unter anderem auch Rubin. Ich brachte Calle weg und machte Rubin fertig. Als dieser an der Reihe war spielte er zuerst wieder den Casper. Er wusste ganz genau, dass er durch die Kreuzchenreihen springen sollte, doch er wich immer aus. Erst als ich wütend wurde und ihn energischer scheuchte sprang er durch. Wir bauten den Oxer hinten raus immer höher, bis er schließlich eine Höhe von gut 1.45m hatte fast einen Meter auseinander war. Erst da sprang Rubin wie von alleine durch die Reihe und zeigte beim Oxer eine Bascule vom Feinsten. Einer der Pfleger lachte begeistert: „Wow, auf dem wird es mal anstrengend, über dem Sprung sitzen zu bleiben.“ Ich grinste. „Kann sein, verdammter Zwerg! Wenn er doch nur immer so bei der Sache wäre.“ Ich legte meinen Fuchslein die Abschwitzdecke auf und führte ihn noch ein paar Runden, dann durfte er zurück in die Box. Wieder hörte ich Timo und Veronika streiten. Ich bildete mir ein, meinen Namen gehört zu haben, doch ich wollte es gar nicht so genau wissen. Clara ritt ich heute wieder und auch ein anders Pferd von Timo arbeitete ich dressurmäßig. Kurz vor 3 kam dann Kathi, der ich heute eine Gymnastikstunde auf Ibiza versprochen hatte. Ich braute in der Halle ein paar Kreuzchen auf, ein In-Out, eine gebogene In-Out-Reihe aus 4 Kreuzen auf einem Zirkel und eine normale Reihe durch die Diagonale mit kleinem Oxer am Schluss. Beim Aufwärmen legte ich besonderen Wert auf einen ausgeglichenen leichten Sitz und eine weiche Handführung. Auch die fliegenden Wechsel waren Bestandteil unserer Aufwärmphase. Als ich der Meinung war, dass nach fast 30 Minuten Pferd und Reiter warm genug waren, ging es an die Reihen. Kathi hatte bereits jetzt einen roten Kopf auf und atmete etwas schwer. „Kannst du noch?“, fragte ich sie vorsichtshalber. “Klar!”, bekam ich deutlich zur Antwort. “Gut, dann geht es los!” Wir begannen mit einem einfachen Kreuz, Kathi stellte sich recht gut an. Auch als wir an die In-Out-Reihen gingen hatte sie keine Probleme damit. Schwieriger wurde es bei der gebogenen Reihe auf dem Zirkel. Mir wurde schnell klar, dass Kathis hauptsächliches Problem ihr innerer Zügel und ihr äußerer Schenkel waren. Zu viel Zügel, zu wenig Bein. Wie bei ungefähr 80% aller Reiter. Wie pflegte mein Vater stets zu sagen? Reiten konnte jeder Idiot, aber richtig Reiten können nur die wenigsten. Ich versuchte Kathi genau das begreiflich zu machen und übte zwischendurch auch immer wieder Dressurlektionen mit ihr, Zirkelverkleinern im Galopp und Schrittpiruetten, wo es besonders wichtig war das Pferd ohne innere Hand und mit viel äußerem Bein zu reiten. Am Ende durfte sie noch 3 Mal durch die lange Reihe, wobei ich den Oxer am Schluss zu einen Meter aufbaute. Vor der Höhe schien Kathi keine Angst zu haben, da ihr Ibiza ein sicheres Gefühl gab. Als wir aufhörten waren sowohl Reiter, als auch Pferd zufrieden. Bis ich die Hindernisse abgebaut hatte und noch einmal nach allen Pferden geschaut hatte war es kurz nach fünf und es dämmerte bereits sehr. Bevor ich den Stall endgültig verlies fing mich Timo noch ab. „Hey! Hey Steffi! Warte bitte!” Verdutzt hielt ich inne. “Ja?”, hörte ich mich selber fragen. Ein ungutes Gefühl breitete sich in meinen Magen aus. Irgendetwas sagte mir, dass Timo mir nun sagen würde, war er heute Vormittag am Putzplatz nicht konnte. „Äh, ich muss noch mit dir reden.“ – „Okay.“, ganz ruhig wartete ich ab. „Es ist folgendermaßen…wir…ich habe ein kleines Problem. Es sieht geldmäßig momentan nicht so gut bei uns aus. Wir werden wohl ein paar der Pferde verkaufen und den Betrieb etwas verkleinern. Und dazu gehört auch, dass wir das Personal beschränken…“ Fast wäre mir ein hysterisches Lachen ausgerutscht, ich wusste nun was er mir sagen wollte. „Lass mich raten, Veronika will, dass ich gehe, stimmts?“ – „Ja…nein…so ist es nicht. Wir können uns deine Dienste nicht länger leisten, zudem werden wir wohl auch 3 Pferde, die du reitest hergeben. Es geht nicht anders Steffi, es tut mir leid.“, ich konnte seinen gequälten Blick nicht länger ertragen. „Das war es also? Du schmeißt mich raus? Und das, obwohl ich das alles sowieso unter Wert getan habe? Du weißt, dass du mir eigentlich fast das doppelte hättest bezahlen müssen?“, schleuderte ich ihm entgegen. „Ja. Ja ich weiß und das tut mir alles so Leid. Du kannst deine beiden Pferde selbstverständlich die nächsten 2-3 Monate kostenlos bei mir stehen lassen, das macht gar nichts…“ – „Achja? Weiß Veronika das denn?“ – „Das braucht sie nicht zu erfahren…“ – „Okay, alles klar. Timo nein Danke! Lass es gut sein, ich werde Ende des Monats meine Sachen und Pferde einpacken und verschwinden. Danke für alles.“ Ich wollte ihn nicht länger zuhören. Einerseits war ich ihm dankbar, dass er mir einen Job nach alledem gegeben hatte, andererseits war es einfach bodenlos, dass er mich mit als erstes gehen ließ. Ich hatte so viel für ihn getan. Doch das schien nichts zu zählen. Veronika hatte mich mal wieder übertrumpft, wie immer. Ich hasste sie.
You don't care a bit. (Hide and seek) You don't care a bit. (Hide and seek) You don't care a bit. (Hide and seek) You don't care a bit. (Hide and seek) You don't care a bit. (Hide and seek)
Ich erzählte es nicht sofort meiner Mutter. Zudem sie sowieso mit ihren Gedanken ganz wo anders war. So schien sie gar nicht erst mitzubekommen, wie ich mich nach einen neuen Job umschaute. Doch hier in Bayern sah es schlecht aus. Wenn ich etwas Geld verdienen wollte würde ich mehr in den Norden gehen müssen. Es war zum Verrücktwerden. Was sollte ich nun tun? Ich konnte nicht von daheim weg, oder etwa doch? Wurde ich hier noch gebraucht? Als 3 Tage nach dem Gespräch mit Timo sich Jeanine wieder meldete und mir mitteilte, dass die Besitzerin des Hofes auf Hawaii mich gerne aufnehmen würde, musste ich nicht mehr lange überlegen. Hier gab es nichts mehr, was mich hielt. Mein Leben war kaputt, ich würde erst einmal mich selbst wieder reparieren müssen, ehe ich mich um andere kümmern konnte. Ich erkundigte mich nach Flügen nach Hawaii und die notwendigen Bedingungen, die es zu erfüllen gab. Schließlich würde ich mit 2 Pferden, einem Hund und einem Kleinkind fliegen. Ich beantragte ein Visum und klärte mir Jeanine vieles per Skype ab. Obwohl diese Idee absolut verrückt war, fühlte ich mich seit langem nicht mehr so beflügelt. Ich verbrachte die nächsten 2 Wochen nur noch mit der Planung. Es war egal was danach kommen würde, in Hawaii würde sich bestimmt etwas ergeben. Ich wollte nur noch weg hier. Bis jetzt ahnte noch niemand etwas davon, auch Sophie noch nicht. Es war keine leichte Entscheidung, sie aus ihrem Umfeld zu reißen. Die einzige Hoffnung die ich hatte war, dass auch Jerome und Jessica in Hawaii sein würden. Auch Jeanine schien ganz euphorisch zu sein, ich bekam jeden Tag Nachrichten von ihr, wie weit alles sei und welchen Flug ich nun gebucht hatte. Am 1.11 würde ich in der Früh um 04:45 Uhr abheben. 2 Tage vorher machte ich mich mit der Schermaschine auf in den Stall. Zuerst beachtete mich niemand großartig, schließlich wurden meine Pferde jedes Jahr geschert. Doch dann fiel allen auf, dass ich dieses Jahr die erste war und sogar den Kopf samt Ohne mit abscherte. Mit Timo hatte ich bis jetzt noch kein Wort gewechselt. Als dieser schließlich zu mir kam und sich nach meinen Befinden erkundigte konnte ich nicht anders, als es ihm geradewegs ins Gesicht zu sagen: „Ich werde auswandern, Timo. Und ich weiß nicht, ob ich wieder zurückkommen werde.“ Stille. „Was? Auswandern? Wohin?“ – „Hawaii.“ – „Hawaii????“, die Ungläubigkeit in seiner Stimme übertönte alles. „Ja Hawaii.“, erwiderte ich nüchtern. Mir war klar, dass es verrückt klang. Irgendwie zumindest. Aber ich vertraute Jeanine. Es war meine letzte Chance… „Wie kommst du denn darauf? Ich meine, wer braucht denn schon auf Hawaii einen Reitstall?“, Timo schien es nicht begreifen zu können. „Tja, das werde ich herausfinden…“, mir ging seine Neugierde und Ungläubigkeit auf die Nerven. Sollte er doch lieber um seinen Reitstall kümmern und mich in Ruhe lassen. „Wissen deine Eltern...äh deine Mam schon bescheid?“ Kurz stach es heftig in meiner Brust. Eltern. Hmm. „Nein, noch nicht. Ich werde es hier heute oder morgen sagen.“ – „Und wann wirst du gehen?“ – „Übermorgen in der Früh geht der Flieger.“ – „Das heißt es ist schon alles gebucht?“ – „Was denkst du denn?“ Wieder Stille. Ich merkte, wie er mit dem Gewicht von einen auf den anderen Fuß wechselte, eine Angewohnheit, wenn er nervös war. „Das kann ich irgendwie nicht glauben…“, nun schien er auf einmal sehr ernst zu sein. „Du tust das doch nicht etwa, weil ich..“, setzte Timo an. Ich war gleichzeitig so wütend und erschrocken zugleich, dass Timo doch tatsächlich glauben mochte, dass ich wegen ihm bzw. wegen der „Kündigung“ auswandern würde, dass ich ihm sofort ins Wort fiel: „Nein!!!! Das ist es nicht!!!“ Meine heftige Reaktion erschrak sowohl ihn als auch mich. „Was ist es dann?“, fragte er. Seine Stimme nahm so einen warmen und vertrauensvollen Ton an, dass ich ihm am liebsten alles erzählt hätte. Doch was genau wollte ich ihm eigentlich erzählen? Es lies sich so schwer in Worte fassen… „Es ist nichts, Timo. Ich möchte einfach hier weg. Wenn ich es jetzt nicht wage, dann wohl nie mehr…“ Ich weiß nicht was genau es wahr, doch auf einmal schien er mich zu verstehen. Seine Augen verrieten so viel Verständnis und Zuversicht, dass es auf einmal nichts mehr zu Zweifeln gab. „Okay. Ja du hast recht. Hast du schon jemanden, der dich zum Flughafen fährt?“, wollte er wissen. „Äh, nein. Eigentlich nicht.“, erwiderte ich ihn. „Wenn du möchtest kann ich dich fahren.“, schlug er vor. Er was einfacher, wenn ich die Pferde mit einen großen Transporter fahren könnte. Dort würde auch genügend Gepäck hineinpassen, schließlich würde ich nicht zum nächsten Turnier fahren, sondern komplett mit Zubehör das Land verlassen. Er half mir noch beim Aussortieren und Zusammenpacken, dann fuhr ich schweren Herzens nach Hause. Vor mir hatte ich noch eine letzte Hürde zu meistern und diese würde wohl die schwerste sein: Ich musste es noch meiner Mutter und meiner Schwester beichten.
Ich erzählte es Ihnen am Vorabend. Es war wirklich auf den letzten Drücker. Um 3 Uhr am Morgen würde ich in den Stall fahren, meine Pferde einladen und mit dem Transporter zum Flughafen fahren. Timo hatte mir später noch angerufen und gefragt, ob er mich fahren sollte. Dankbar hatte ich eingewilligt. Meine Mutter und meine Schwester sahen beide an einer Mimik und Gestik, dass ich ihnen etwas sehr wichtiges sagen würde, doch keiner der Beiden ahnte wie gravierend es für alle Beteiligten ausfallen würde. Meine Schwester weinte und meiner Mutter schimpfte. Ich lies mich nicht beirren, als beide predigten, wie einschneidend doch dieser Fehler für mich sein würde. Ich erklärte nicht mehr viel, sagte auch großartig nichts mehr dazu. Ich würde es wagen und wenn es nicht klappt, könnte ich immer noch zurück kommen. Das war der Plan. Fast 3 Stunden donnerte meine Mutter auf mich ein. Ihre letzten Worte waren tränenerstickt: „Dann mach doch was du willst, du wirst schon sehen, was du davon hast!“ Ich wusste, dass sie es nicht so meinte und ich wusste auch, dass ich sie eines besseren belehren und überzeugen konnte, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
Danach ging alles sehr schnell. Timo holte mich ab, ich packte Sophie ein. Wir fuhren zum Stall, verluden die Pferde und machten uns auf den Weg zum Flughafen. Nach gut 1 ½ Stunden Fahrt waren wir dort. Tierärzte nahmen uns mit in Empfang. Es herrschte strenge Kontrolle und Ibiza und Rubin würden für den Flug ruhiggestellt und tierärztlich Überwacht werden. Alle notwendigen Papiere wurden zig mal geprüft und abgestempelt. Es passierte alles wie von selbst, als ich das Flugzeug in Deutschland bestieg und Stunden in Hawaii später verließ. Es würde dort gerade Abend. Die Wärme des Tages hing dort immer noch in der Luft. Ich ging mit Sophie zu den Pferden, diese hatten den Flug recht gut überstanden. Wieder wurden unzählige Male alle Papiere gescheckt und abgestempelt. Jeanine wollte mich zusammen mit der Hofbesitzerin abholen. Um die beiden zu Empfangen hatten wir einen Treffpunkt bei der Info ausgemacht. Mit Sophie an der einen Hand und einen großen Koffer in der anderen ging ich dort hin. Von weitem sah ich 2 Gestalten, beide braun gebrannt. Sie sahen glücklich aus. Die eine hatte ich noch nie vorher gesehen, doch schon von Weitem lächelte sie mich an. Die andere war Jeanine. Sie wirkte aufgeregt und hibbelig, wie vor manchen Turnierstarts. Doch als sie mich erblickte legte sich ihre Unruhe und ein wissenden Lachen bildete sich auf ihren Lippen. Und da wusste ich es: Ich hatte es geschafft! Ich war „Zuhause“ angekommen.
E.N.D.E
Erst mal das Ende hier ^^ Habe es jetzt nicht mehr geschafft den Bericht am Ende noch ausführlicher zu machen…das hätte sonst noch Wochen gedauert und naja…;)