3. Erste Annäherungsversuche

Es ist 5 Uhr Morgens. Ich liege in meinem großen Bett und starre ins Leere. Schon in Deutschland besaß ich ein Doppelbett. Für Hawaii kaufte ich mir jedoch ein neues Doppelbett. Diese Betten haben viele Vorteile. Viel Platz zum Beispiel. Sie haben aber auch einige Nachteile. Ich für meinen Teil fühle mich in diesen riesigen Betten manchmal ziemlich einsam. Einer Eingebung folgend, greife ich nach dem zweiten Kopfkissen und drücke es fest an mich. Es fehlt halt manchmal jemand, mit dem ich das Bett teilen kann und an den ich mich rankuscheln kann, wenn ich, wie jetzt, nicht schlafen kann.
Es gab in Deutschland eine Zeit, da war das alles anders. Mein Exfreund und ich waren DAS Traumpaar, aber, wie es manchmal so der Fall ist, betrog er mich mit einer anderen Frau. Damals dachte ich, meine Welt würde zusammen brechen, aber das tat sie nicht. Das Leben ging erbarmungslos weiter und das war auch gut so.
Gedankenverloren sehe ich aus dem Fenster auf den Ozean. Schemenhaft zeichnen sich die Wellen gegen die gerade aufgehende Sonne ab. Ein wirklich wunderschönes Naturschauspiel. Meine Gedanken schweifen zu Rafe ab. Keine Frage, er ist ein unglaublich sympathischer junger Mann. Er ist ziemlich frech, aber auf eine charmante Art und Weise. Er scheint eher ein lockerer Typ zu sein, der einen großen Bekanntenkreis pflegt und sich reger Beliebtheit erfreut. Sicherlich auch bei den Frauen. Nun ja, verdammt gut aussehend und sexy ist er ja! Es lief mir gestern heiß und kalt den Rücken runter, als er mich beim Cocktail trinken so eindringlich angesehen hat. Seine Augen haben grün geschimmert mit einem leichten bräunlichen Rand um die Pupille. Oh man, jetzt schwärme ich schon von seiner Augenfarbe! Reiß dich zusammen, Evelyn!
Ich schlage die leichte Bettdecke zurück und hüpfe aus dem Bett. Es ist 5:30 Uhr und verrückt, wie ich nun mal bin, krame ich in meinem Kleiderschrank im untersten Fach nach meinem roten Bikini. Schnell ziehe ich das Teil an und laufe nach unten ins Wohnzimmer. Dort mache ich noch ein Mal kehrt, um mir aus dem Badezimmer ein gelbes Handtuch zu holen und flitze dann aus der Verandatür zum Strand. Es ist schon manchmal praktisch, wenn man den pazifischen Ozean direkt vor dem Wohnzimmerfenster hat. Lächelnd renne ich in die Wellen und schmeiße mich ins Wasser. Die Sonne steht nun leuchtend am Himmel und beginnt, mit ihren Strahlen eine angenehme Wärme auf mein Gesicht zu zaubern. Ich fühle mich frei und unbeschreiblich glücklich. Plötzlich höre ich ein Motorengeräusch, das ziemlich schnell näher kommt. Ich suche den Strand nach einem Auto ab, aber Fehlanzeige. Mein Blick wandert nach Oben. Direkt über mir fliegen 3 gepanzerte Flugzeuge der U.S. Army in Richtung Festland. Ob Rafe in einer der Maschinen sitzt? Sie fliegen ziemlich tief. Ich kann 2 Piloten im Cockpit erkennen. Sicherlich befinden sich weitere Soldaten im Inneren des Flugzeugs. Ich gehe langsam aus dem Wasser und hülle mich auf meiner Veranda in das gelbe Badehandtuch. Ich wickle es mir um den Körper und tapse in die Küche, um mir eine Tasse Kaffee zu machen. Im Bad ziehe ich den Bikini aus und wickle mir ein trockenes Handtuch um, dann gehe ich ins Schlafzimmer und ziehe mich für die Arbeit an. Heute trage ich eine leichte beige Knielederreithose und ein rotes Poloshirt mit dem Linkslandlogo auf Brusthöhe. Als ich wieder in die Küche gehe, ist der Kaffee bereits durchgelaufen. Ich nehme ein Hörnchen aus dem Brotkorb, mache mir einen Klecks Nutella drauf und genieße auf der Veranda mein Frühstück. Einen Apfel nehme ich mir noch für die Fahrt mit. Nachdem ich mir dann meine Reitstiefel angezogen habe und meine Haare zu einem frechen Pferdeschwanz zusammengebunden habe, schließe ich das Haus sorgfältig ab und fahre mit meinem dunkelgrünen Jeep zum Hof der Familie James.

Kaum habe ich mein Auto auf dem Parkplatz abgestellt, da läuft mir Rick Rosenberg über den Weg:
„Guten Morgen Rick.“
„Guten Morgen Evelyn. Ist das nicht ein wunderschöner Tag heute?“
„Oh ja, das ist er. Du Rick, hättest du nachher vielleicht Zeit für eine Unterrichtsstunde mit Thalia? Ich gehe morgen mit ihr auf ein Turnier und würde gern ein paar kleine Übungssprünge machen, damit ich das Turnier nicht in den Sand setze.“
„Ja klar. Sagen wir so gegen 2 Uhr?“, sagt er freundlich.
„Ja das passt super. Danke dir!“, entgegne ich erfreut. Rick grinst mich nur breit an und geht dann in Richtung Hauptstall. Ich begegne noch einigen Einstellern und Arbeitskollegen und grüße sie freundlich. Hier auf Hawaii sind wirklich alle Menschen sehr nett und unbeschwert. Kein Wunder, jeden Tag Sonne, Sand und Meer, na wenn da keine Urlaubsstimmung aufkommt, dann weiß ich auch nicht.
Mein Weg führt mich direkt zum Hengststall. Ich mag das alte Gebäude, das in einer ruhigen Ecke des Hofes liegt. Die meisten Hengste stehen schon auf ihren Weideparzellen, an denen ich auf meinem Weg zum Hengststall vorbei komme. Auf der rechten Seite stehen die Junghengste bis sie 3 Jahre alt sind. 2 der Hengste kabbeln sich gerade. Beide steigen und versuchen ihren Konkurrenten zu beißen. Ich sehe mir das Schauspiel eine Weile fasziniert an. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen betrete ich den Hengststall. Die meisten Boxen sind bereits leer, da Logan gerade dabei ist, die Hengste auf die Weide zu bringen.
„Aloha Logan!“, begrüße ich ihn lachend.
„Hey Evelyn! Na du bist ja heute gut gelaunt.“, gibt er lächelnd zurück.
„Ja, bei dem wundervollen Tag heute!“, sage ich und gehe an ihm vorbei zu Karlssons Box. Logan sieht mir kopfschüttelnd hinterher und verlässt den Stall mit einem der Dressurhengste. Ich betrachte den schönen Fuchs. Als hätte er meine Blicke gespürt, dreht er sich ganz langsam zu mir um und bleibt mit gespitzten Ohren und geblähten Nüstern vor mir stehen.
„Na mein Junge, wollen wir heute ein bisschen ausreiten?“, frage ich den Hengst, der mir schnaubend antwortet. Ich lächle ihn versonnen an und gehe in die Sattelkammer, um sein Sattelzeug und sein Putzzeug zum Putzplatz zu schaffen. Ich kehre mit Karlssons grünem Halfter und Strick zurück zu seiner Box und öffne die Schiebetür. Neugierig reckt mir der Württemberger seinen schön gezeichneten Kopf entgegen. Ich streiche ihm liebevoll über die Stirn und lege ihm dann das Halfter an. Bereitwillig folgt er mir zum Putzplatz und bleibt dort, das rechte Hinterbein entlastend, entspannt stehen. Ich krame in der Putzkiste nach Striegel und Kardätsche und schrubbe sein Fell ordentlich durch. Er genießt die angenehme Massage und schließ die Augen. Ich bürste vorsichtig Mähne und Schweif und kratze ihm die Hufe aus, bevor ich ihm seine grünen Gamaschen und Streichkappen anlege. Es folgt der Springsattel mit grüner Schabracke und die schwarze Trense mit englischem Reithalfter und dem hübschen Stirnriemen. Nachdem ich Karlsson noch ein Mal bewundert habe, steige ich vorsichtig in den Sattel. Gelassen bleibt der Fuchshengst stehen und läuft im Schritt los, als von mir das Kommando zum starten kommt. Bereits nach den ersten Schritten fühle ich mich pudelwohl. Karlsson hat einen angenehmen und sehr weichen Schritt. Ich lasse ihn am halblangen Zügel laufen und schlage die südliche Richtung vom Hof ein. Der Fuchs spitzt die Ohren und fällt auf dem weichen Feldweg in einen angenehmen Trab. Der Hengst scheint den Weg zu kennen. Er tritt sicher auf und wackelt nicht ein Mal mit dem Ohr, als ein riesiger Greifvogel plötzlich aus einem kleinen Busch direkt neben uns hoch fliegt. Der Feldweg führt auf eine kleine Wiese, auf der Karlsson in einen raumgreifenden Galopp fällt. Seine Mähne wippt im Takt der Galoppsprünge. Ich schaue geradeaus, um Löchern in der Wiese rechtzeitig ausweichen zu können. Als wir uns dem Ende der Wiese nähern, pariere ich Karlsson zum Trab durch. Wir gelangen auf einen weiteren Feldweg, der wieder zurück zum Hof führt. Als wir auf dem Hof ankommen, ist Karlsson noch leicht geschwitzt. Ich lenke ihn auf den Dressurplatz und reite ihn im Schritt am langen Zügel trocken. Außer mir befindet sich noch Jeanine, eine der Einstellerinnen, auf dem Dressurviereck. Sie reitet gerade ihre dunkelbraune Stute Dakota. Sie übt gerade mit ihrem Pferd eine Dressur der Klasse L und ich muss gestehen, es sieht verdammt gut aus. Ich benutze den zweiten Hufschlag, damit ich Jeanine bei ihrem Training nicht behindere. Gerade kommt sie im starken Trab auf Karlsson und mich zu, der sich völlig unbeeindruckt von der Darbietung zeigt.
„Schöne Stute.“, rufe ich Jeanine entgegen.
„Ja das ist sie!“, kommt es prompt zurück, als sie an mir vorbei geritten ist. Jeanine scheint ihren Schützling genau zu kennen. Ich sehe den Beiden noch eine Weile zu und bringe dann Karlsson zurück auf die Weide.

Auch mein zweiter Fuchshengst London Lights, soll heute auf seine Kosten kommen. Mittlerweile habe ich nun auch mitbekommen, dass der Gute nicht so ganz einfach ist. Breanna hatte mir gesagt, dass er wohl grantig wird, wenn zu viele Menschen um ihn herum sind und sie würde sich wünschen, dass er eine feste Bezugsperson bekommt, zu der er Vertrauen aufbauen kann. In einer Pferd-Mensch-Beziehung geht es nun mal ohne gegenseitiges Vertrauen nicht. Ich habe mir Londons blaues Halfter aus der Sattelkammer geholt und bin nun auf dem Weg zu seiner Weide. Natürlich steht der Trakehner in der hintersten Ecke. Langsam schlendere ich über die Weide und beiße gelegentlich von meinem Apfel ab, den ich mir von zu Hause mitgenommen habe.
„Na mein Junge, schmeckt das Gras?“, rufe ich dem Fuchshengst zu, der seinen Kopf hebt als er meine Stimme hört. Unbeeindruckt bleibt er stehen und senkt den Kopf wieder, um weiter zu grasen. Ich beiße hörbar von meinem Apfel ab. Londons Kopf schießt in die Höhe. Er spitzt die Ohren in meine Richtung und bleibt wie angewurzelt stehen. Ich lächle ihn freundlich an und gehe einige Schritte auf ihn zu. Je näher ich ihm komme, umso mehr gehen seine Ohren nach hinten. Wieder nehme ich einen Bissen von meinem Apfel. Jetzt ist es um London geschehen. Einem so leckeren Äpfelchen kann er einfach nicht widerstehen. Ich lasse ihn von meinem Apfel abbeißen und lege ihm das Halfter an, bevor ich ihm den Rest des Apfels gebe. Schmatzend zermalmt er das Fruchtfleisch. Der Sabber läuft ihm aus dem Maul, also scheint der Apfel ja zu schmecken. Wenigstens folgt mir der Trakehner bis zum Putzplatz. Ich binde ihn sorgfältig an und beginne, mit der Kardätsche sein rötliches Fell entgegen der Fellrichtung aufzurauen, um es danach in Fellrichtung mit der Kardätsche wieder glatt zu bürsten. Kaum zu glauben, aber London entspannt sich zum ersten Mal. Als ich auf die linke Seite gehe und ihn am Hals kraule, verzieht er die Oberlippe und hält den Kopf schief. Aha, das gefällt ihm also. Um ihm einen Gefallen zu tun und ihm zu zeigen, dass ich ihm ja gar nichts Böses will, kraule ich ihn eine ganze Weile an dieser Stelle und fahre erst danach mit der Bearbeitung seines Fells fort. Auch das Mähne verziehen scheint ihm zu gefallen. Immer wieder klopfe ich ihm lobend den Hals. Nachdem ich ihm auch die Hufe ausgekratzt habe, führe ich ihn quer über den Hof und in Richtung Einfahrt. Er spielt gelassen mit den Ohren und schnaubt sogar. Ich lasse den Strick locker hängen und freue mich, dass er brav neben mir her läuft.
Wir kommen in ein kleines Wäldchen. London spitzt die Ohren und bleibt stehen. Ich sehe ihn fragend an und lausche ebenfalls, um zu erkennen, was er denn jetzt auf ein Mal gehört hat. In dem Moment kommt ein Jogger um die Kurve gelaufen. London zuckt zusammen, bleibt aber mit weit aufgerissenen Augen stehen und prustet erschrocken. Auch ich zucke zusammen, aber auch nur, weil der Hengst zusammengezuckt hat.
„Oh, Entschuldigung! Ich hab nicht mit euch gerechnet!“, sagt der Jogger atemlos, der wohl auch einen kleinen Schrecken bekommen hat. „Ach Evelyn, das bist ja du!“
Verblüfft sehe ich mein Gegenüber ein, der von einem Ohr zum anderen grinst: „Hey Rafe! Was machst du denn hier?“
„Na joggen. Ich muss doch fit bleiben.“
„Musst du nicht als Soldat der U.S. Army sowieso jeden Tag Sport machen?“
„Ja klar, aber ich bin gerne sportlich, auch in meiner Freizeit.“, sagt er grinsend und streicht London behutsam über den Hals. „Schönes Pferd.“
„Ja das ist er. Wir freunden uns gerade an.“, erkläre ich unseren Ausflug.
„Das ist doch gut. Und wann freunden wir uns an?“, fragt er und lächelt mich frech an.
„Ich habe gerade leider kein Halsband und keine Leine dabei, aber das lässt sich beim nächsten Mal sicher einrichten.“, kontere ich und sehe ihm offen ins Gesicht.
„OK, gut gekontert.“, lacht er. „Aber mal ehrlich. Wollen wir nicht mal zusammen Essen gehen oder so?“
„Ich weiß nicht. Ich habe im Moment ziemlich viel mit meiner Arbeit um die Ohren. Ich muss auch noch meine Wohnung fertig einrichten und das wird mir dann alles ein bisschen viel.“, sage ich verlegen.
„Na gut, dann komme ich heute Abend zu dir. Ich helfe dir beim Einrichten und dafür gehst du mit mir essen.“, sagt Rafe mit Nachdruck.
Ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen: „Also gut. Ich kann uns auch was kochen, wenn du magst.“
„OK, einverstanden, aber dann bitte ein deutsches Gericht. Das hatte ich lange nicht. Sagen wir so gegen 7?“
„7 ist perfekt.“
„Gut, dann bis später Evelyn.“, sagt Rafe und läuft weiter. Ich sehe ihm mit klopfendem Herzen hinterher. Oh man! Ich bin noch nicht mal eine Woche hier auf Hawaii und schon lade ich den ersten Typen zu mir nach Hause ein! Aber na ja, er hat seine Hilfe ja angeboten…

London scheint der Ausflug gefallen zu haben. Zumindest hat er, seitdem wir wieder auf dem Hof sind, nicht ein Mal die Ohren angelegt. Sehr erfreut über diesen kleinen Erfolg bringe ich ihn wieder auf die Weide, wo er in vollem Speed auch gleich losdonnert. Ich sehe ihm noch eine Weile beim Toben zu und mache mich dann auf den Weg zum Hauptstall. Es ist kurz vor 2 und Rick hatte mir eine Springstunde mit Thalia zugesichert. Ich putze die hübsche braune Stute in ihrer Box ein mal über und binde sie dann am Putzplatz an, um sie zu satteln. Sie hält brav still und auch als ich mich in den Sattel schwinge, bleibt sie ruhig stehen. Am langen Zügel geht es zum Springplatz. Rick ist bereits da und baut ein paar einzelne Sprünge auf.
„Na da seid ihr ja. Mach sie warm, damit wir gleich anfangen können.“, sagt er nur kur angebunden und baut einen A-Oxer auf. Ich sehe ihm angespannt zu und beginne, meine Stute zu lösen. Thalia macht wunderbar mit. Sie lässt sich gut stellen und biegen und springt in jede gewünschte Gangart. Zum Aufwärmen geht es über eine kleine Cavalettireihe und ein Kreuz. Nach wenigen Versuchen soll ich im Anschluss über einen Steilsprung und auf gebogener Linie über einen gut ausgebauten Oxer auf A-Höhe kommen. Thalia macht konzentriert und artig mit. Sie ist so ehrgeizig, das sie vor jedem Sprung von selbst anzieht. Sie vermittelt ein wirklich gutes Gefühl.
„Das war ganz ordentlich, Evelyn. Ich denke auch, das es für heute reicht. Nicht dass sie morgen müde ist.“, sagt Rick.
„Ja danke, du hast uns sehr geholfen.“, entgegne ich etwas außer Atem.
„Gerne doch. Dafür bin ich ja da. OK, ich muss dann mal sehen was meine Frau so treibt. Man sieht sich, Evelyn.“, sagt er und hebt grüßend die Hand.
„Ja, man sieht sich.“, sage ich zu ihm und klopfe der braunen Stute den Hals. „Gutes Mädchen.“, lobe ich sie und lasse sie im Schritt noch ein wenig laufen.

Nachdem ich Thalia noch versorgt habe, habe ich den Heimweg angetreten. Wenn ich heute für Rafe und mich kochen soll, dann muss ich definitiv noch einkaufen fahren. Ich schließe meine Haustür auf und streife mir im Flur schnell die Reitstiefel ab. Ich laufe schnurstracks ins Bad, um schnell zu duschen. Das kühle Wasser prickelt regelrecht auf meiner Haut. Nach der Dusche creme ich mich mit meiner Bodylotion ein und sofort fühlt sich meine Haut zart und geschmeidig an. Ich wickle mir ein Handtuch um und gehe ins Schlafzimmer, um eine kurze Jeanshose und ein weißes Neckholdertop anzuziehen. Darunter trage ich meinen roten Bikini, da er einfach am besten dazu passt. Ich schnappe mir im Flur schnell meinen Einkaufskorb und schlüpfe in meine braunen Sandalen. Kurz darauf bin ich auf dem Weg zum Supermarkt.
Nachdem ich alle notwendigen Sachen gekauft habe, mache ich mich in der Küche daran, Geschnetzeltes mit Spätzle vorzubereiten. Ich stelle einen großen Topf mit gesalzenem Wasser auf die Kochplatte und gebe die Spätzle dazu, dann brate ich das Fleisch an, schneide die Champignons in Hälften und gebe alles zusammen mit etwas Wasser, Sahne und natürlich Maggi-Würzmischung in eine Pfanne. Während das Essen vor sich hin köchelt, decke ich im Wohnzimmer den Tisch. Ich lege beigefarbene Platzdeckchen auf den rechteckigen Tisch an den langen Seiten so, dass wir uns gegenüber sitzen. Ich stelle 2 große Teller, sowie Messer und Gabel darauf und stelle noch 2 Gläser dazu. Jetzt aber schnell ins Bad und noch ein wenig Make-Up auftragen. Vorher schaue ich natürlich in der Küche noch nach den Spätzle und dem Geschnetzelten. Im Trag trage ich nur ein wenig Eyeliner und Wimperntusche auf und für die Lippen ein wenig Labello. Genug aber nun der Kosmetik! Rafe müsste jeden Moment kommen.
Gerade gieße ich die Spätzle durch den Durchschlag, da klingelt es an der Haustür. Ich schiebe noch schnell das Geschnetzelte vom Herd, wische meine Hände am Geschirrtuch ab und gehe zur Haustür. Ich öffne die Tür. Vor mir steht ein Soldat der U.S. Army: Rafe. Er trägt eine grüne Tarnhose und ein weißes T-Shirt über dem seine Erkennungsmarke an einer Metallkette hängt. Mit seinem charmanten Lächeln sieht er einfach nur umwerfend aus!
„Hey.“, sage ich nervös und lächle ihn an.
„Hey! Tut mir leid, dass ich etwas später komme, aber wir mussten noch Munitionsarbeiten durchführen. Man, hier riecht es aber lecker! Was hast du denn gekocht?“, fragt er hungrig und schiebt sich an mir vorbei ins Haus. Er zieht sich im Flur die Schuhe aus und findet auf Anhieb den Weg in die Küche: „Wow! Geschnetzeltes mit Spätzle! Das habe ich ewig nicht gegessen!“, ruft er aus der Küche. Ich folge ihm und lehne mich gegen den Türrahmen. Rafe schaut ungeniert in die Kochtöpfe und steckt sich ein Spätzle in den Mund.
„Setz dich, ich bringe dir das Essen.“, sage ich amüsiert und deute auf das Wohnzimmer.
„Du hast es wirklich sehr schön hier.“, sagt Rafe anerkennend und mustert mich. „Fast so schön wie du.“
Mir wäre fast der Topf mit den Spätzle aus der Hand gefallen, als er mir dieses tolle Kompliment macht: „Oh ääh, danke.“, stammle ich und hole schnell das Geschnetzelte. Ich mache ihm eine große Portion von Beidem auf den Teller. Gemeinsam fangen wir an zu essen. Rafe scheint einen guten Hunger zu haben. Mit viel Appetit schiebt er sich Gabel für Gabel in den Mund. Amüsiert beobachte ich ihn.
„Das schmeckt köstlich! Kochst du jetzt immer für mich?“, sagt er mit vollem Mund und sieht mich glücklich an.
Hat er mich gerade geduzt?! „Na ja, wenn du jeden Tag her kommen möchtest.“, greife ich in seinen Scherz ein.
„Oh das würde ich zu gern bei dem guten Essen, aber ich kann leider nicht jeden Abend weg. Es gibt auch Zeiten, da muss ich in der Kaserne bleiben.“
„So? Du hast dann wohl nie so wirklich Feierabend, was?“
„Na ja, so richtig nicht. Wir müssen eigentlich immer in Bereitschaft sein, aber sobald es irgendwo brenzlige Situationen gibt, haben wir für solche Fälle auch einen Pieper dabei. Nächsten Monat habe ich wieder Bereitschaftsdienst, da sieht es dann wieder mau aus mit der Freizeit.“, erklärt er mir, wobei er mich fest ansieht. Ich höre ihm aufmerksam zu und versuche, mir seine Gesichtszüge einzuprägen. Ich entdecke eine kleine Narbe links neben seiner Nase: „Wo hast du die Narbe her?“, frage ich ihn. Er streicht sich mit der Hand über die Narbe im Gesicht.
„Alte Kriegsverletzung.“, scherzt er.
„Wirklich?“, frage ich ungläubig.
„Nein, die habe ich von einer Messerstecherei davon getragen.“, sagt er trocken und schiebt sich noch mehr Spätzle in den Mund.
„Was?! Wie ist das passiert?“, frage ich schockiert.
„Na ja, ich war früher ein ganz übler Bursche. Hab mich halt mit den falschen Leuten rumgetrieben und na ja, bin dann wohl auf die falsche Bahn geraten.“
„Du wirkst aber nicht so.“, sage ich im Brustton der Überzeugung.“
„Danke. Menschen ändern sich. Ich mag mich so, wie ich jetzt bin.“
„Ich mag dich auch.“, sage ich etwas zu schnell. Rafe sieht mich mit großen Augen an, dann grinst er breit.
„So? Na das ist ja ein Ding! Weißt du was? Ich mag dich auch.“, sagt er und zwinkert mir zu. Prompt werde ich rot. „Also was ist, wollen wir jetzt deine Wohnung fertig einrichten?“
„Ja klar!“, sage ich und zeige ihm, wo ich welches Möbelstück gern hin haben möchte. Gemeinsam schaffen wir es wirklich, die Möbel umzuräumen. Ich habe Mühe mich in seiner Gegenwart zu konzentrieren. Immer wieder muss ich auf das Muskelspiel schauen, dass sich vor meinen Augen abspielt, sobald Rafe ein Möbelstück hoch hebt. Er scheint wirklich sehr durchtrainiert zu sein.
„Puh, geschafft!“, sagt er triumphierend und lässt sich auf das weiße Ledersofa fallen.
„Danke! Ohne dich hätte ich das nie im Leben geschafft!“, sage ich und hole uns zwei Gläser Wein.
„Kein Problem. Du hast es wirklich sehr schön. So richtig zum wohlfühlen.“, sagt er müde und kuschelt sich in die Sofakissen.
„Du siehst erschöpft aus.“, stelle ich in dem Moment fest.
„Nun ja, mein Soldatenleben besteht leider nicht nur daraus, joggen zu gehen und fit zu bleiben. Wir müssen viele Kampftrainingeinheiten absolvieren. Da ich bei der Luftwaffe bin, muss ich ständig in top Form sein.“
„Das hört sich alles sehr anstrengend an.“, sage ich mitfühlend und setze mich auf den weißen Ledersessel, ihm direkt gegenüber. Er beobachtet mich aus halb geschlossenen Augen.
„Das ist es auch, aber ich habe tolle Kameraden, mit denen es sehr viel Spaß macht. Wenn wir gemeinsam frei haben, gehen wir surfen oder fliegen nur so zum Spaß über den Pazifik.“, sagt er mit funkelnden Augen.
„Das Fliegen muss dir sehr viel bedeuten.“, sage ich schlaftrunken.
„Ich bin für das Fliegen geboren. Ich wollte nie etwas anderes, als Pilot sein. Schon damals in Deutschland wollte ich immer Kampfpilot werden.“
„Du kommst aus Deutschland?“, frage ich verwirrt.
„Ja sicher. Was glaubst du denn, wo mein akzentfreies Deutsch her kommt.“, sagt er grinsend und richtet sich auf, um mich zu mustern.
„Oh, entschuldige. Das war dumm von mir.“, gebe ich zu.
„Ach was, dumm von dir wäre es, jetzt nicht mit mir schwimmen zu gehen.“, sagt Rafe, springt auf und zieht sich das T-Shirt aus und wirft es auf den Fußboden. Ich muss ziemlich blöd aus der Wäsche gucken, denn Rafe fängt herzlich an zu lachen. „Was ist Schlafmütze? Nun komm schon!“ Zack, da liegt auch schon seine Tarnhose auf dem Fußboden. Na wenigstens hat er noch Shorts an. Ich kann meinen Blick noch von seinem Körper abwenden. Ich habe noch nie einen so durchtrainierten Mann gesehen, der dabei nicht prollig wirkt. Man sieht ihm an, dass er die Muskeln durch das harte Training bei der Army aufgebaut hat. „So, genug Löcher in die Luft gestarrt. Du kommst jetzt mit!“, sagt er grinsend und kommt auf mich zu. Ich sehe ihn mit großen Augen an. Mit einem Handgriff zieht er mir das T-Shirt aus, greift mich am Arm und legt mich über seine Schulter, als würde ich nichts wiegen. Ich kreische lachend und verblüfft auf und versuche, mich zu wehren. Gegen Rafe habe ich keine Chance. Ich schaffe es gerade noch, mir meine Jeans vom Hintern zu streifen, ehe Rafe sich mit mir auf den Schultern in die Fluten stürzt. Kaum sind wir im Wasser, da zettelt er eine wilde Wasserschlacht an, die er natürlich gewinnt. Wir lachen und haben wirklich viel Spaß. Nach einer Weile schwimmen wir ein wenig hin und her.
„Weißt du Evelyn, ich glaub ich mag dich wirklich.“, sagt er auf ein mal.
Ich lächle ihn schräg von der Seite an: „Du bist auch ganz in Ordnung.“, gebe ich trocken zurück. Er verzieht den Mund zu einem schrägen Lächeln. Wir schwimmen zum Strand und sitzen noch eine Weile im Mondschein.
„Ich denke, es wird langsam Zeit, dass ich wieder zurück in meine Kaserne fahre. Es war ein sehr schöner Abend Evelyn.“, sagt er auf dem Rücken liegend.
„Ja, der Abend war wirklich schön. Danke noch mal für deine Hilfe.“
„Jeder Zeit.“, sagt er und steht auf. Gemeinsam gehen wir ins Haus und ziehen uns wieder an. Ich begleite ihn zur Tür.
„Das nächste Mal führe ich dich zum Essen aus.“, sagt er, als er auf dem Hof steht.
„Ja gern. Ich freu mich schon drauf.“, entgegne ich mit klopfendem Herzen.
„Ich mich auch.“, sagt er lächelnd und wendet sich zum Gehen.
„Rafe?“
„Ja?“, er dreht sich langsam um.
„Schlaf gut.“
„Du auch. Sehen wir uns bald wieder?“
„Wir sehen uns bald wieder!“, sage ich und sehe ihm nach, wie er mit seinem Wagen im Dunkel der Nacht verschwindet.

:D Dankeschön! *rot werd*

Ich bin schon so gespannt, wie es weiter geht mit euch beiden!

Danke Vicki :)

:) Danke Jeanine. Na mal gucken wie das noch mit Rafe und mir wird :P *Augenbrauen wackel*